Wirtschaft. Von Peter Foster, 31. Mai 2016
Die Stagnation von Europas Volkswirtschaft seit der Finanzkrise hat sich als Urquell für Europas Unzufriedenheit erwiesen. Kollektiv hat der Kontinent sich als unfähig erwiesen sich von den Lasten massiver öffentlicher Verschuldung zu befreien, von den alternden Bevölkerungen und einer Währungsunion, deren inhärenten Fehler schwer auf den Aussichten für wirtschaftliches Wachstum liegen.
Von Norden nach Süden - von den Benzinbomben, die während der Maiproteste gegen die Austerität auf Athens Syntagma Platz explodiert sind, zu den Nachrichten in Finnland, dass 5.200 Lehrer wegen einer Sparrunde entlassen werden - sind die Einschnitte nach der Finanzkrise noch immer schmerzlich real.
Eine kürzlich erstellte Eurobarometer Umfrage fand heraus, dass mehr als die Hälfte der jungen Europäer zwischen 16 und 30 sich angesichts der Wirtschaftskrise in ihrem eigenen Land marginalisiert fühlen.
Momentan wachsen die meisten Volkswirtschaften Europas wieder dank der Stimulusprogramme der EZB, aber auf den Strassen, wo die Jugendarbeitslosigkeit 40 Prozent erreicht in Griechenland, Italien, Spanien und Kroatien und mehr als 25 Prozent in Frankreich, Belgien und Portugal, springt niemand jubelnd in die Luft.
Italiens Banken bleiben schuldenüberladen, Spanien bricht wieder einmal sein Versprechen, das fiskale Defizit unter 3 Prozent zu halten und Portugals Linkskoalition weckt Zweifel über die Langzeitaussichten Portugals in der Eurozone.
Die nationalen Regierungen fragmentieren sich aufgrund der Unfähigkeit, bessere Lebensumstände zu liefern, weswegen es nicht überraschend ist, dass die supranationale Politik der Eurozone nun zunehmend sichtbare Zeichen von Stress zeigt. Die Finanzminister der Eurogruppe haben bezüglich der griechischen Schulden - die nun bei 180 Prozent des BIPs stehen - einen Kompromiss erzielt, aber die letzte Tranche mit Hilfsmilliarden hat die Büchse nur ein wenig weiter die Strasse entlang gekickt, Griechenland bleibt mittelfristig am Tropf der EZB.
Währenddessen klammert sich Deutschland weiter an das Wirtschaftsmodell der schwäbischen Hausfrau - Südwestdeutschlands sparsame Hausfrau - indem sie dem Rest Europas Austerität aufdrücken, indem sie große Überschüsse erzielen, die, so stimmen fast alle überein, in die Infrastruktur und Bildung investiert werden sollte, um damit eine gesamteuropäische Erholung zu provozieren.
Mittlerweile reden die Wirtschaftspolitiker wieder über das Abwerfen von "Helikoptergeld" (freies Geld), dalls die Eurozone wieder einknickt, und Deutschlands mächtiger Finanzminister Wolfgang Schäuble macht keinen Hehl aus seinen Differenzen mit Mario Draghi, dem italienischen EZB Chef. Herr Schäuble schiebt die Zerstörung von deutschen Sparguthaben auf das Gelddrucken der EZB und deren Nullzinsstrategie, was der weit rechts stehende Partei Alternative für Deutschland (AfD) Stimmen bringt, und deren Erfolg momentan die deutsche Politik durchrüttelt.
Für Mujtaba Rahman, Leiter der Europapolitik der Eurasia Gruppe lässt die Kombination schwacher südlicher Regierungen und die ideologische Trennung zwischen Deutschland und der EZB die Eurozone "heute politisch verwundbarer gegenüber Veränderungen bei den Entscheidungen von Investoren als jemals seit ihrer Gründung."
Unter diesen Umständen scheint die Aussicht einer großen Wette auf die Rettung der Eurozone - in der die nördlichen Länder sich auf Transfers an den Süden einigen im Gegenzug zu größerer Kontrolle über die Budgets der südlichen Länder - weiter weg als je zuvor.
Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 1: Einleitung
Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 2: Politik
Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 4: Nationalismus
Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 5: Einwanderung
Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 6: Euroskeptizismus
Im Original: Why is Europe so fed up?
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