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Mittwoch, 1. Juni 2016

Telegraph: Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 4



Nationalismus. Von Peter Foster, 31. Mai 2016


Das Wachsen des Nationalismus überall in Europa mag keine Gemeinsamkeiten aufweisen mit den linken Studenten, die am Place de La Republique zusammenkamen (und die mit Abscheu auf die Erwähnung von Marine Le Pen und ihren Front National reagiert haben), aber ihre Ängste um die Zukunft haben die selbe Basis.

Wie die gebildeten, idealistischen Anhänger von Nuit Debout, sind die überwiegend sich aus Arbeitern zusammensetzenden Anti-Einwanderungsprotestanten, die den Demonstrationen von Deutschlands Pegida folgen, Österreichs Freiheitlicher Partei, Ungarns Jobbik oder Griechenlands Goldener Morgenröte ebenso verängstigt: Auch sie wissen nicht, ob sie in fünf Jahren noch einen Arbeitsplatz haben werden und sie vertrauen den alten Regierungseliten nicht zu, dass sie sie verstehen, oder auf ihre Interessen achten.

Politier, deren Mandat von Europas wirtschaftlichem Sumpf bedroht ist greifen althergebrachte nationalistische Muster auf, von denen gedacht wurde, dass sie in der modernen Europäischen nicht mehr existieren.

In Ungarn weckt Viktor Orban ohne Scha die Erinnerungen an die Eroberung durch das Osmanische Reich als Rechtfertigung für die Ablehnung muslimischer Flüctlinge und wird belohnt für den politischen Mut dafür. Seine Ansichten werden in anderen osteuropäischen Ländern wie Polen und der tschechischen Republik geteult - einst die Vorzeigeländer für die post-nationalistische, post-kalter Krieg EU Erweiterungspolitik - die alle vereint stehen in ihrer Ablehnung von Flüchtlingsquoten.

In Polen hat die neue nationalistische Regierung sogar alte Phantasien wiedererweckt, ein "Intermarium" zu erschaffen von Ost- und Zentraleuropäuschen Staaten, das sich vom Baltikum bis zum Schwarzen Meer erstrecken könnte mit Polen als regionalem Hegemon. Die Balten, selbst heimgesucht vom Anstieg an russischem Nationalismus, der in der Anexion der Krim gipfelte, identifizieren sich ebenfalls zunehmend entlang der ethnischen Grenzen.

In Lettland will die Nationale Allianz, eine Partei von Ethno-Nationalisten die lettische Kultur vor russischen und muslimischen "Gefahren" schützen und stellt nun drei Regierungsminister; in Litauen befeuert die Präsidentin Dalia Grybauskaite - die "eiserne Lady" des Baltikums - die nationalistische Glut und bezwichnet Wladimir Putin als modernen Stalin.

Der Anstieg von nationalistischen Tendenzen ist nicht nur begrenzt auf die dysfunktionalen Peripherien, sondern ist auch zunehmend in Frankreich und Deutschland beobachtbar, wo kommendes Jahr jeweils Wahlen anstehen.

In Frankreich zeigen Umfragen, dass Marine Le Pen, die Führerin des Front National sehr wahrscheinlich in die Stichwahl der Präsidentschaftwahl kommen wird und das mit einer Plattform, welche der gegenwärtigen Europäischen Politik völlig entgegensteht als "Souveränisten gegen Globalisten". Währenddessen steigt die offen islamophobe weit rechts stehende AfD in Umfragen auf 15 Prozent, und steht nur fünf Punkte hinter Angela Merkels wichtigstem Koalitionspartner, den mittelinken Sozialdemokraten.

Nicht umsonst klingeln bei den europäischen Führungsleuten die Alarmglocken. Donald Tusk, der Europäische Ratspräsident, warnte kürzlich, dass Europa sich einem "sehr gefährlichen Moment seiner Geschichte" annähert und beschwörte die fiebrigen Jahre, die dem ersten Weltkrieg vorausgingen.

Auch Frau Merkel fühlt das: "Die Zukunft Europas steht auf dem Spiel," sagte sie Anfang des Monats. "Europa recht vom Nordpol bis zum Mittelmeer. Wir müssen den Schengenvertrag und die Außengrenzen verteidigen, oder wir riskieren die Rückkehr zum Nationalismus."


Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 1: Einleitung


Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 2: Politik


Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 3: Wirtschaft

 

Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 5: Einwanderung


Warum hat Europa die Schnauze voll? Teil 6: Euroskeptizismus




Im Original: Why is Europe so fed up?

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