Von Ambrose Evans-Pritchard, 27. April 2016
Die Brexit Unterstützer hätten auf diese erschütternde Intervention durch die USA vorbereitet sein müssen. Die Europäische Union war immer schon ein amerikanisches Projekt.
Es war Washington, das in den späten 1940ern die Europäische Integration vorantrieb und diese unter den Regierungen von Truman, Eisenhower, Kennedy, Johnson und Nixon verdeckt finanziert hat.
Auch wenn es zunächst eine einseitige Sache war, haben sich die USA seitdem auf die EU verlassen als Anker der regionalen amerikanischen Interessen neben der NATO.
Es gab nie eine Strategie des divide et impera.
Das euroskeptische Lager war demgegenüber seltsam blind und hat lediglich angedeutet, dass mächtige Kräfte auf der anderen Seite des Atlantiks die britische Sezzession antreiben und diese am Ende als Befreier feiern würden.
Die Anti-Brüssel Bewegung in Frankreich - und ein wenig auch in Italien und Deutschland - funktioniert dagegen genau andersherum, wonach die EU im Kern ein angelsächsisches Machtinstrument sei, ein "capitalisme sauvage".
Frankreichs Marine Le Pen ist dezidiert anti-amerikanisch. Sie steht der Dollar Vorherrschaft feindlich gegenüber. Ihr Font National verlässt sich bei der Finanzierung auf russische Banken, die mit Wladimir Putin verbunden sind.
Ob es einem gefällt oder nicht, strategisch betrachtet ist es stimmig.
Die Schuman Erklärung, die den Ton der Versöhnung zwischen Frankreich und Deutschland bestimmt hat - und in Schritten zur Europäischen Gemeinschaft mutierte - wurde vom US Außenminister Dean Acheson bei einem Treffen in Foggy Bottom ausgeheckt.
Es war die Regierung Truman, welche die Franzosen dazu zwangen mit Deutschland in den frühen Nachkriegsjahren einen modus vivendi zu finden und haben bei einem heftigen Treffen im September 1950 mit den unwilligen französischen Führen sogar damit gedroht die US-Marschall Zahlungen einzustellen.
Trumans Motive waren offensichtlich. Die Jalta Vereinbarung mit der Sowjet Union war am zusammenbrechen. Er wollte daher eine vereinte Front, um den Kreml von weiteren Vorstössen abzuuhalten, nachdem Stalin sich bereits die Tschecheslowakei geschnappt hat und gleichzeitig die Nordkoreanischen Kommunisten den 38. Breitengrad überschritten haben.
Für die britischen Euroskeptiker droht Jean Monnet, die Emminenz des supranationalen Verbrechertums von ganz oben im Pantheon der Föderalisten. Wenigen ist bewust, dass er die meiste Zeit seines Lebens in Amerika verbrachte und im Krieg Franklin Roosevelt als Augen und Ohren diente.
General Charles de Gaulle hielt ihn für einen amerikanischen Agenten, was er in einem weiteren Sinn auch war. Eric Roussels Biografie über Monnet enthüllt, wie er Hand in Hand mit nachfolgenden Regierungen zusammenarbeitete.
Es ist seltsam, dass diese imposante 1000 Seiten Studie nie ins Englische übertragen wurde, da es die beste je geschriebene Arbeit ist über die Ursprünge der EU.
Viele wissen auch nicht von den freigegebenen Dokumenten aus dem Arschiv des Außenministeriums, die zeigen, dass die US Geheimdienste die Europäische Bewegung über Jahrzehnte verdeckt finanzierten und hinter den Kulissen aggressiv daran arbeiteten Großbritannien in das Projekt einzubinden.
Wie diese Zeitung als erste berichtete, als dieser Schatz zugänglich wurde enthüllt ein Memorandum vom 26. Juli 1950 eine Kampagne für ein voll funktionsfähiges Europäisches Parlament. Es wurde von General William J. Donovan unterzeichent, der damalige Leiter der amerikanischen Kriegsbehörde für Strategische Dienste, einem Vorläufer der CIA.
Die Hauptfront der CIA war das amerikanische Kommittee für ein vereinigtes Europa (ACUE), wecher Donovan vorsaß. Ein anderes Dokument zeigt, dass dieses Kommittee 1958 53,5 Prozent der Mittel für die Europäische Bewegung zur Verfügung stellte. Im Verwaltungsrat saßen Walter Bedell Smith und Allen Dulles, beides CIA Direktoren in den Fünfzigern, wie auch eine Reihe von ex-OSS Offizieren, die bei der CIA rein und rausgingen.
Die Unterlagen zeigen, dass sie einige der "Gründungsväter" der EU als Angestellte betrachteten und sie aktiv davon abhielten, andere Finanzierungsquellen zu suchen, welche die Abhängigkeit von Washington beendet hätte.
An all dem ist nichts wirklich verwerflich. Die USA agierten dabei vielmehr scharfsinnig im Kontext des Kalten Krieges. Die politische Neugestaltung von Europa war ein aufreibender Prozess.
Es gab entlang des Weges natürlich viele fürchterliche Fehleinschätzungen. In einem Memo vom 11. Juni 1965 etwa wird der Vizepräsident der Euopäischen Gemeinschaft angewiesen, im Geheimen eine Geldunion anzustreben und dabei die Debatte darüber so lange zu unterdrücken, bis "die Übernahme eines solchen Vorschlages nicht mehr abwendbar sei". Wie wir heute angesichts der Schuldenfalle, Deflation und Massenarbeitslosigkeit überall in Europa sehen war das nur halbschlau.
In gewissem Sinn sind diese Papiere längst vergangene Geschichte. Was sie aber zeigen ist, dass der amerikanische "tiefe Staat" bis zum Hals in der Sache drin steckte. Wir können darüber diskutieren, ob Boris Johnson letzte Woche eine Grenze überschritt, als er Präsident Obamas "kenianische Hälfte" zur Sprache brachte, aber der Kardinalfehler bestand darin, Herr Obamas Handelsdrohung irgendetwas mit dem Leidensweg seines Großvaters in einem Mau Mau Gefangenenlager zu tun hätte. In Wahrheit war es blos Amerikanische Standardaußenpolitik.
Wie es nun scheint könnte Herr Obama nun verständlicherweise Hass empfinden über den Missbrauch, der kürzlich über die Mau Mau Repressalien ans Licht kamen. Es war ein schändlicher Bruch kolonialer Polizeidisziplin von dem auch leitende Beamten angewidert waren, die in anderen Teilen Afrikas eingesetzt waren. Aber die Botschaft aus seinem außergewöhnlichen Buch - "Die Träume meines Vaters" - zeigen, Obama versucht über historischer Zwietracht zu stehen.
Die Brexit Befürworter freuen sich, dass der republikanische Kandidat Ted Cruz für ein Großbritannien außerhalb der EU "an die vorderste Linie für einen Freihandelsvertrag kommt", allerdings ist seine Wahlkampagne chancenlos. Auch Herr Cruz wird sich Washingtons Palmerstone Imperativ anpassen - - sollte er jemals ins Weiße Haus einziehen.
Es ist zutreffend, dass Amerika Zweifel an der EU bekam, als ideologische Fanatiker in den späten 1980ern verstärkt Einfluss bekamen und die Union als eine rivalisierende Supermacht erscheinen liess, welche die Ambition hegt, die USA herauszufordern und zu übertreffen.
John Kornblum, Leiter der Europabeziehungen des Außenministerium in den 1990ern, sagt, die Verhandlungen mit Brüssel waren ein Alptraum. "Am Ende war ich völlig frustriert. Auf den Gebieten Militär, Sicherheit und Verteidigung ist [die Union] völlig dysfunktional."
Herr Kornblum argumentiert, dass die EU "psychologisch aus der NATO austrat", als sie versuchte, ein eigenes Militärkommando aufzubauen und das ganze mit den üblichen Zugeständnissen und Inkompetenz daherkam. "Sowohl Großbritannien als auch der Westen an sich stünden weitaus besser da, wenn Großbritannien nicht in der EU wäre," sagte er.
Das ist an sich interessant, aber lediglich eine Minderheitenmeinung innerhalb der US Politikzirkeln. Die Frustration legte sich, als Polen und die erste Welle der Osteuropäer 2004 in die EU kamen, was eine Reihe von atlantikfreundlichen Regierungen mit sich brachte.
Wir wissen, es ist keine Liebesbeziehung. Eine US Spitzenbeamtin wurde vor zwei Jahren am Telefon erwischt, wie sie Brüssel während der Ukrainekise mit den Worten abqualifizierte "Fuck the EU".
Und doch besteht der allesdurchdringende Blickwinkel darin, dass die liberale Ordnung des Westens in dreifacher Weise unter Druck steht, und die EU muss bereit sein, so bereit, wie Großbritannien und Frankreich bereit waren für das wankende Osmanische Reich im 19. Jahrhundert - und es sei angemerkt, dass dessen langsamer Zusammenbruch direkt in den ersten Weltkrieg mündete.
Heute sind es die kombinierten Gefahren aus dschihadistischem Terror und einer Reihe von gescheiterten Staaten im Maghreb und der Levante; vom hochgerüsteten Pariaregimen in Moskau, dem bald das Geld ausgehen wird, aber über ein Handlungsfenster verfügt bis Europa wieder aufgerüstet ist; und von extrem gefährlichen Krisen im Südchinesischen Meer, die jeden Tag eskalieren könnte, da Peking die dortigen US-Bündndisstrukturen testet.
Die Gefahren aus Russland und Chine sind natürlich miteinander verbunden. Es ist wahrscheinlich - Pessimisten sagen sicher - dass Wladimir Putin nach einer ernsten Explosion am Rande des Pazifiks sein Glück in Europa versuchen könnte. In den Augen von Washington, Ottawa, Canberra und jenen Hauptstädten in der Welt, die unterm Strich die Pax Americana als ein Plus betrachten ist dies die falsche Zeit für Großbritannien, eine Stange Dynamik in Europas gebrechliches Haus zu werfen.
Die hässliche Wahrheit ist, dass die regierende Elite der gesamten westlichen Welt den Brext als strategischen Vandalismus betrachtet. Ob das fair ist oder nicht, die Brexit Unterstützer müssen darauf eine Antwort finden. Einige wenige wie Lord Owen erahnen die Größe des Problems. Die meisten schienen völlig ahnungslos, bis Herr Obama ihnen letzte Woche den Marsch bliess.
Ich sehe es so, dass das Brexit Lager Pläne ausarbeiten sollte für einen Anstieg der Verteidigungsausgaben um die Hälfte auf 3 Prozent des BIPs, um Großbritannien als unangefochtene militärische Führungsmacht in Europa zu positionieren. Sie sollten versuchen, ihr Land näher an Frankreich heranzurücken und noch eingehendere Sicherheitsallianzen eingehen. Diese Art von Vorgehen würde zumindest die Spitze des besten Arguments von "Projekt Angst" (dem Verbleibelager, d.R.) nehmen.
Die Brexit Unterstützer sollten jeden Gedanken zermalmen, dass ein EU Austritt mit einem Abschied von globaler Verantwortung gleichkommt, oder es bedeutet die Europäische Konvention zu zerreissen (eine britische, nicht-EU. Magna Carta der Freiheit), oder die Abkehr von der COP21 Klimavereinbarung gekündigt wird, der einer der anderen fiebrigen Flirts der Bewegung umgesetzt werden könnte.
Es ist vielleicht zu viel verlangt, von einer heterogenen Gruppe, die nur zu einem Zweck zusammen kam, einen kohärenten Plan zu verlangen. Doch viele von uns, die mit dem Brexit Lager sympathisieren und auch selbst gerne die Souveränität der Selbstregierung zurück bekämen und dieser simulierten und selbstermächtigten Veranstaltung von Europäischen Gerichtshofs entkommen wollen, müssen erst noch hören wie die Brexit Unterstützer sich sich diese Trennung vorstellen, ohne dass sie kollosale Schäden anrichtet und gleichzeitig im Ablauf konsistent ist wie die Ehre des Landes selbst.
Man kann sich mit Europa zerstreiten, oder man kann sich mit den USA zerstreiten, aber es ist kein angenehmes Schicksal, gleichzeitig mit der gesamten demokratischen Welt im Streit zu liegen.
Im Original: The European Union always was a CIA project, as Brexiteers discover
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