Von Mark Mazzetti, 17. Mai 2016
Am Dienstag wurde einstimmig ein Gesetz verabschiedet, das es Hinterbliebenen von bei den Anschlägen vom 11. September 2001 Ermordeten erlauben würde, Saudi Arabien für dessen mögliche Rolle darin zu verklagen und bringt den Kongress damit näher an einen offenen Schlagabtausch mit dem Weißen Haus, das bereits ein Veto gegen das Gesetz angekündigt hat.
Nachdem das Gesetz den Senat passiert hat und nun dem anderen Haus vorgelegt wird, zeichnen sich wachsende Spannungen ab im Verhältnis zwischen den Vereinigten Staaten und Saudi Arabien, die nur wenig Beachtung von den Gesetzesgebern erhielten.
Die Beamten der Obamaregierung haben gegen das Gesetz mobil gemacht, eine Position, die vom Sprecher des Weißen Hauses Josh Earnest nach der Abstimmung wiederholt wurde. Und die Saudi Regierung hat gewarnt, dass falls das Gesetz durchkommt, sie eventuell US-Bundesanleihen im Wert von 750 Milliarden Dollar abverkaufen würden, wie auch andere US-Werte, bevor ihre Posten womöglich von amerikanischen Gerichten eingefroren werden könnten.
Der Saudische Außenminister Adel al-Jubeir übergab eine Warnung an die Gesetzgeber und die Regierungsbeamten während seines Aufenthalts in Washington im März.
Viele Ökonomen zweifeln, ob die Saudis eine solche Warnung wahr machen würden, und sagen, dass ein Ausverauf schwer umsetzbar wäre und der Volkswirtschaft des Königreichs vermutlich mehr schaden würde als der amerikanischen.
Die Fragen über die mögliche Rolle von führenden Saudis bei den Planungen zu 9/11 stehen seit mehr als einem Jahrzehnt im Raum und Familien der Opfer haben in verschiedenen Prozessen versucht, Mitglieder der Saudischen Herrscherfamilie und Wohltätigkeitsorganisationen verantwortlich zu machen für die angebliche finanzielle Unterstützung von Terrorismus.
Allerdings wurden diese Vorgänge meistens blockiert, teilweise wegen eines Gesetzes von 1976, das anderen Staatenn eine gewisse Immunität vor amerikanischen Gerichten zuspricht.
Das Senatsgesetz beinhaltet nun eine Ausnahme von diesem Gesetz, falls andere Staaten sich bei Terroranschlägen strafbar gemacht haben, in denen amerikanische Bürger innerhalb der USA getötet wurden.
Falls das Gesetz beide Häuser passiert und vom Präsidenten unterzeichnet wird, dann würde es den Pfad freiräumen, auf dem die Rolle der Saudischen Regierung bei den 9/11 Gerichtsfällen untersucht werden kann.
Senator Chuck Schumer aus New York, ein Demokrat und Unterstützer des Gesetzes sagte, das Gesetz würde den Opferfamilien beim Finden von Gerechtigkeit helfen.
"Für die Familien möchte ich sicherstellen, dass jenseits aller Zweifel alle involvierten Parteien, darunter fremde Staaten verantwortlich gemacht werden, falls herausgefunden wird, dass sie Unterstützer des ruchlosen 9/11-Akts waren," sagte er kurz vor dem Passieren des Gesetz.
"Sollten die Saudis nicht in dieser Art von Terrorismus partizipiert haben, dann haben sie vor Gericht nichts zu befürchten," sagte der Senator. "Falls sie es doch taten, dann sollten sie dafür verantwortlich gemacht werden."
Herr Schumer sagte, er glaube dass die Demokraten ein Veto von Herrn Obama aufheben würden.
Er sagte ebenso, dass er glaubt, die Drohung Saudi Arabiens ihre Werte abzuziehen wie es die Regierung befürchtet "leer" ist, und fügte an, "es würde sie weit mehr schmerzen als uns."
Senator John Cornyn, ein Republikaner aus Texas, sagte, das Gesetz wurde so geschrieben, dass Amerikaner nicht zu befürchten haben, von anderen Staaten verklagt zu werden.
"Ich glaube, dass es zu etwas Säbelrasseln kommen wird mit einigen Drohungen, aber ich denke, das bleibt alles ohne Folgen," sagte Herr Cornyn.
In einem Versuch, den Befürchtungen des Weißen Hauses entgegenzutreten haben die Unterstützer des Gesetzes einen neuen Absatz hinzugefügt, der es dem Generalbundesanwalt ermöglichen würde, dazwischen zu gehen und einzelne Gerichtsfälle abweisen, falls die Regierung sicherstellen kann, dass sie mit dem angeklagten Staat separat verhandelt, um die Vorwürfe zu klären.
Aber eine Nachricht vom Dienstag aus Herrn Schumers Büro sagte, dass die Regierung Details liefern müsste über den Inhalt der Verhandlungen, wie auch einen Zeitplan für die Einigung.
Herr Earnest sagte am Dienstag, dass Beamte aus dem Weißen Haus versuchen, mit Republikanern und Demokraten über Alternativen zum Gesetz zu verhandeln, das für den Präsidenten akzeptabel wäre, aber er fügte an "Ich weis nicht, ob das jetzt noch möglich ist."
Anfang des Monats sagte Herr Jubeir während einer Nachrichtenkonferenz, dass das vorgeschlagene Gesetz "die Prinzipien der suveränen Immunität verletzt" und das internationale Recht "in ein Gesetz des Dschungels verwandelt".
Das Gesetz geht gleichzeitig durch den Kongress, wie die Obamaregierung überlegt, ob sie einen Teil der Untersuchung durch den Kongress von 2002 zu den Anchlägen vom 11. September 2001 freigeben will, in dem Beweise verborgen sind, welche Saudische Regierungsbeamte und andere Saudische Bürger, die damals in den Vereinigten Staaten lebten, mit der Terrorplanung in Verbindung bringen.
Jene Schlussfolgerungen müssen erst noch veröffentlicht werden, kürzlich wurde aber ein anderes Dokument auf der Internetseite des Nationalarchivs veröffentlicht, das einen Blick freigibt, was auf den bislang noch geheimgehaltenen 28 Seiten des Untersuchungsbericts stehen könnte.
Das Dokument vom 6. Juni 2003 besteht aus einer Serie von Memos, die von Mitarbeitern der Kommission geschrieben wurden und in denen viele mögliche Verbindungen zwischen den Flugzeugentführern und Saudis in den Vereinigten Staaten genannt werden.
Öffentlich war das Dokument zuerst auf 28pages.org zu sehen, einer Befürworterinternetseite für die Freigabe der zurückgehaltenen Passagen der Kongressuntersuchung.
Die Kommission für 9/11, die ihre Arbeit nach der Untersuchung durch den Kongress begann, fand "keine Beweise, dass die Saudische Regierung als Institution oder einzelne Saudische Beamte als Finanziers auftraten" für Al Kaida oder die Planer von 9/11.
Letzten Monat haben die Beisitzer der Kommission, Thomas Kean und Lee Hamilton, eine Stellungnahme herausgegeben, worin sie sagen, dass die 28 Seiten "fast ausschliesslich auf grobem, nicht verifizierten Material besteht, das zum FBI kam" - vieles davon wurde von der Kommission letztlich als unschlüssig eingeordnet.
"Der Vorwurf der Komplizenschaft in diesem Massenmord durch verantwortungsvolle Behörden ist ein schwerwiegender Vorwurf," schrieben sie. "Solcherlei Vorwürfe müssen mit Vorsicht geäussert werden."
Im Original: Senate Passes Bill Exposing Saudi Arabia to 9/11 Legal Claims
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