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Samstag, 6. Februar 2016

The Spectator: Um als konservativer Lehrer zu überleben muss man die Klappe halten können




Ich nahm an, es sei Teil unserer Arbeit Toleranz zu bewerben und festgefahrene Einstellungen zu hinterfragen. Ich lag falsch. Von Joe Baron, 6. Februar 2016

Laut meiner ehemaligen Kollegen, alles Geschichtslehrer einer öffentlichen, innerstädtischen Schule in England ist jeder, der konservativ wählt "dumm", das Empire "unzweifelhaft böse" und Kapitalismus führt zu "massiver Ungleichheit und Armut für den größten Teil der Arbeiterschaft". The einzig legitime Antwort lautete, man kann es sich denken, Sozialismus. Ja, das Cliche des roten Büchlein tragenden Lehrers ist lebendig und bei bester Gesundheit.

Als der einzige rechts-der-Mitte-Lehrer in der Geschichtsabteilung fand ich die Mittagszeit ganz besonders ärgerlich. Meine Kollegen saßen herum und haben das britische Weltreich angeprangert, Bildungsminister Michael Goves Änderungen am nationalen Curriculum und die "ideologiegetriebenen" Versuche der Regierung, das Haushaltsdefizit zu verringern. Was mich aber mehr beunruhigte war ihre Bereitschaft, die Schüler mit ihrer Weltanschauung zu indoktrinieren. Bei einer Gelegenheit überhörte ich drei von ihnen, wie sie die Einzelheiten einer Unterrichtseinheit diskutierten, die proaktiv betitelt war mit "Sollten wir auf das britische Weltreich stolz sein?" Wie man sich vielleicht denken kann war keine andere Antwort vorgesehen als: "Nein! Wir sollten uns schämen. Schaut euch nur Amritsar an, was wir den amerikanischen Ureinwohnern antaten oder unseren Einfluss im Mittleren Osten," meinte einer von ihnen kopfschüttelnd.

Im Unterricht durften die Schüler dann die britischen Greueltaten herunterbeten, von der weitverbreiteten Opiumabhängigkeit der gebrochenen, infantilisierten chinesischen Bevölkerung zu den Massakern in Indien und Afrika und den ethnischen Säuberungen in Nordamerika und Australien. Es gab nur eine Aufgabe, in der die Schüler sich mit der Frage auseinandersetzen sollten: "In wiefern hat das britische das Leben verbessert?" und das war eine Hausaufgabe. Es gab keine Klassenzimmerdiskussion über die Ausbreitung des Kapitalismus, die parlamentarische Demokratie und die Herrschaft des Rechts; die Verbreitung von Ideen, Literatur und technischen wie medizinischen Fortschritten; oder selbst das Ende des Sklavenhandels.

Zumeist hielt ich bei dem Thema meinen Mund. Ich war ein Aushilfslehrer mit einem Nullstundenvertrag und besorgt darüber kassiert zu werden.

Hätte ich mich doch blos an diesen Plan gehalten. Nach zwei Monaten ohne Murren habe ich meine Kollegen dann schliesslich herausgefordert. "Warum sind konservative Wähler dumm?" fragte ich. "Ist es, weil sie nicht einer Meinung mit euch sind?"

"Nein", antwortete er. "Sie wählen Budgetkürzungen".

"Vielleicht sahen sie die Kürzungen als notwenig," sagte ich. "Es ist doch besser jetzt einige Einsparungen vorzunehmen, als weiter Geld auszugeben, das eigentlich nicht da ist um dann bankrott zu gehen, wie die Labour Regierung von 1976, die am Ende nur noch tiefere Einschritte vornehmen musste, als sie auf Gelder des IWF angewiesen war."

"Das ist Blödsinn!" sagte ein anderer Kollege. Und so ging es weiter, auch wenn nie jemand seine Stimme erhob, sondern meine Position nur abbügelten mit einem blassierten "jajaja" und mich mit Gesten auf die Bürotür verwiesen wie ein aufmüpfiges Kind.

Zwei Tage später verteidigte ich das neue nationale Curriculum und die Regierungsposition für traditionelle Lehrmethoden gegen die boshafte und dauernde Kritik des Fachbereichsleiters.

Ich sagte, wir täten zu viel für die Kinder, die wir unterrichten; wir sollten ihnen mehr Verantwortung geben und mehr Freiheit für unabhängiges Denken. Sie sagte: "Ich will nicht mehr mit dir reden!" Bevor ich ging - ich musste zum Unterricht - fragte ich warum sie so unhöflich sei. "Es ist doch nur eine Diskussion," sagte ich. "Ist es denn schlecht, wenn man sich die Ansichten von anderen anhört, selbst wenn man sie selbst unerträglich findet?"

Die Antwort darauf kam am Freitag - zwei Tage später. Ich wurde in das Direktorenbüro gerufen wo mir erzählt wurde, dass die Schule nach Beschwerden von Kollegen meiner Abteilung meine Dienste nicht mehr länger benötigen würde. Sie haben mich also tatsächlich rausgeworfen, weil ich die falschen Ansichten vertrete, auch wenn sie es natürlich anders formulierten: Es waren eher meine Manieren als meine Meinungen. Offenbar war ich "zu herrisch".

In meiner Erinnerung waren meine Opponenten sowohl rot im Gesicht als auch verärgert und mehr als bereit beleidigende Worte zu benutzen. Mir wurde an einem Punkt vorgeworfen, ich sei unfähig als Lehrer.

Interessanterweise hat die Abeilungsleiterin, die sich weigerte mit mir zu arbeiten - und die schließlich meine Entlassung forderte - einige Wochen zuvor die Nullstundenverträge als grausam abgelehnt. Wo war blos ihre linke Leidenschaft, als es um meinen Rausschmiss ging, einem verheirateten Mann mit zwei kleinen Kindern?

Ich nehme an, ich trage die Schuld selbst. Einen Moment lang dachte ich doch tatsächlich, dass Schulen dafür da seien, mit Hilfe intellektueller Mittel Toleranz zu bewerben, das Hinterfragen von eingefahrenen Einstellungen zu fördern, wie auch die Freiheit der Gedanken und der Rede. Wie dumm von mir.


Im Original: To survive as a Tory teacher, you have to keep quiet

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