"Wäre ich Politiker in Italien, ich würde meine eigene Währung so schnell wie möglich zurück wollen: Es ist der einzige Weg, um nicht bankrott zu gehen," meint ein deutscher Wirtschaftsweiser. Von Ambrose Evans-Pritchard, 15 Februar 2016
Ein neuer deutscher Plan, einen "Haircuts" auf Eigner von Anleihen aus der Euroraum riskiert, eine nicht aufhaltbare Anleihenkrise zu verursachen und könnte Italien und Spanien dazu zwingen zu ihren eigenen Währungen zurück zu kehren, wie ein Spitzenberater der deutschen Regierung warnt.
"Es wäre der schnellste Weg, die Euroraum aufzubrechen," sagte Professor Peter Bofinger, einer der fünf "Wirtschaftsweisen" im deutschen Rat der Wirtschaftsweisen.
"Ein Spekulationsangriff käme dann sehr schnell. Wäre ich Politiker in Italien und konfrontiert mit dieser Art von Insolvenzrisiko, ich würde so schnwll wie möglich zurück zu meiner eigenen Währung wollen, weil es die einzige Möglichkeit ist, nicht bankrott zu gehen," erzählte er The Telegraph.
Der Rat rief dazu auf, einen "Insolvenzmechanismus" zu installieren, auch wenn dies die finanziellen Prinzipien der europäischen Nachkriegsordnung umdreht, erachtet ein solches Vorgehen aber als notwendig, um die Glaubwürdigkeit der "No-Bailout" Klausel im Maastricht Vertrag wieder herzustellen. Professor Bofinger wandte sich strikt gegen diesen Vorschlag.
Der Plan wurde von der Bundesbank gestützt und neuerdings auch vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, der in der Euroraun üblicherweise seinen Willen erfolgreich durchsetzt. Derzeit werden in den wichtigsten Europäischen Hauptstädten sensible Gespräche geführt, die Rom, Madrid und Lissabon die Angst umgehen lassen.
In einem Modell würden Anleihenhalter zukünftig in allen Anleihekrisen Verluste einfahren müssen, bevor es einen Bail-Out durch den Fond der Euroraum (ESM) gibt. "Als würde man um Ärger bitten," sagte Lorenzo Codagno, ehemaliger Volkswirt im italienischen Finanzministerium und nun arbeitend für LC Macro Advisors.
Dieser Bail-In entsoräche der Bain-In Regel für Bankenanleihenhalter, die im Januar eingeführt wurde und bereits zu drastischen Verkäufen von Bankaktien im Euroraum gesorgt.
Professor Bofinger schrieb eine separate Meinung, worin er warnt, der Plan könnte zu schnell zur selbsterfüllenden Prophezeihung werden und einen "Bond Run" (Anleiheausverkauf) auslösen, wenn Investoren ihre Portfolios ausräumen, um einem Haircut zu entgehen.
Italien, Portugal und Spanien wären machtlos, wenn es um die Verteidigung ihrer Position geht, da sie über keine monetäre Souveränität verfügen. "Diese Länder riskieren es, von der gefährlichen Macht der Krise voll getroffen zu werden," sagte er.
Der Rat der Wirtschaftsweisen sagt, er erste Schritt bestünde in einer höheren "Risikogewichtung" für Staatsanleihen, die von Banken gehalten werden, sowie einer Begrenzung dafür, wie viele sie kaufen könnten mit dem expliziten Ziel, die Banken zur Deinvestition von 604 Milliarden Euro zu bewegen. Sie müssten 35 Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen, was insgesamt "handhabbar" sei.
Dies ist ein neuralgischer Punkt in Italien, wo die Banken 400 Milliarden Euro in Staatsanleihen halten und wo sie ganz offen die günstigen Konditionen der EZB genutzt habeb, um das italienischen Finanzministerium zu stützen.
EZB Präsident Mario Draghi wich einer Frage zu diesem Thema aus, die ihm am Montag von einem italienischen EU-Parlamentsmitglied gestellt wurde. "Dies ist eine Angelegenheit, mit der wir uns noch auseinandersetzen müssen. Aber wir müssen sehr vorsichtig und in kleinen Schritten vorgehen," sagte er.
Der Vorschlag ist ein Himmelfahrtskommando, da sich Portugal bereits im Auge des Sturmes befindet mit einer kontrahierenden Wirtschaft und einem Disput mit Brüssel hinsichtlich der Austerität.
Die Risikospreizung von Portugals 10-Jahresanleihen lag vergangene Woche bei 4,1 Prozent relativ zu deutschen Bundesanleihen, wodurch die Kreditaufnahme in realen Werten kaum mehr tragbar ist. Portugals öffentliches Defizit liegt bei 132 Prozent des BIP pro Kopf. Die totale Schuldenquote liegen bei 341 Prozent, den höchsten Europas. Das Land befindet sich in einer Schuldendeflationsfalle und benötigt Jahre mit hohen Wachstumsraten um dem zu entkommen.
"Portugal steht kurz davor, den Marktzugang zu verlieren," sagte Mark Dowding, einem Bondmanager bei Blue Bay. "Wir sahen sehr letzte Woche hässliche Bedingungen und wichtige US Manager, die in Portugal investiert waren haben versucht ihre Positionen zu aufzugeben. Geht der gegenwärtige Rückzug so weiter wird sich ein perfekter Sturm entfalten."
Herr Downing sagte, die Rettung für Portugal ist, dass es bereits den größten Teil des Bedarfs für 2016 gedeckt hat und sich daher eine Weile dem Sturm entziehen kann. Falls die Krise aber andauert, dann könnte es sein, dass die Troika in Portugal ein weiteres Mal eingreifen muss - bei ungewissen Bedingungen für private Anleihenhalter. Als Portugal 2010 vom Bankrott gerettet wurde gab es keinen Haircut auf Staatsanleihen.
Der Rat der Wirtschaftsweisen sagt, die "regulativen Privilegien" der Staatsanleihen, die von den Banken gehalten werden sollten nach und nach aus ihren Büchern verschwinden. Sie sollten nicht länger als "völlig sicher und liquide" eingestuft werden, wenn es um die Sicherheiten von Banken geht, oder aber von den Kapitaleinlagen ausgeschlossen werden. "Denn dies sind die größten Risiken für Banken in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien," so der Rat.
Theoretisch besteht das Ziel darin, die "die Zahl der von Banken gehaltenen Staatsanleihen zu reduzieren", indem sie in zwei Teile geteilt werden, damit die Anleihenkrise der Staaten nicht übergreift auf die nationalen Bankensysteme.
Professor bofinger sagte, das wahre Problem bestünde darin, dass Deutschland und die Schuldnerstaaten des Euroraumes nicht akzeptieren wollen, was eine Währungsunion ausmacht: Dass auf einer gewissen Ebene die Schulden geteilt werden und eine Fiskalunion unabdingbar bestehen müssen, um das ganze Experiment vom Auseinanderbrechen abzuhalten.
Er beschrieb den ganzen Vorschlag eines geregelten Staatsinsolvenzplanes als falschen Weg, um das Mantra zu wiederholen, dass der Kern der Krise nicht im finanziellen Missmanagement der Regierungen lag. In Wahrheit (mit der Ausnahme von Griechenland) explodierten die öffentlichen Schulden, weil die Länder Notfallmaßnahmen ergreifen mussten, um ihre Volkswirtschaften vom Zusammenbruch zu bewahren.
Außerdem würde der Plan Privatinvestoren ermächtigen, als Richter und Geschworene über die Solvenz von Staaten zu entscheiden. "Wir dürfen nicht in ein Regime verfallen, in dem die Märkte die Herren über die Regierungen sind," sagte er.
Der Rat ist da sehr stur. Gespräche über ein EU-Finanzministerium oder geteilte fiskale Autorität lehnt er strikt ab. Der einzige Weg, die Währungsunion zu erhalten ist die Einführung von strikten Kontrollen und - wie er meint - die "Rückkehr zu den bestehenden Regeln".
Im Original: German 'bail-in' plan for government bonds risks blowing up the euro
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