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Mittwoch, 17. August 2016

Mauldin Economics: Toynbees Europa



Von Charles Gave, 9. August 2016


In A Study of History erklärte der große Arnold Toynbee, dass die Rolle der "Eliten" in jeder Gesellschaft darin besteht Herausforderungen zu meistern, die der Gruppe das Überleben ermöglicht, so dass sie die nächste Phase ihres gmeinsamen Weges absolvieren können. Wenn schlechte Lösungen zur Anwendung kommen, dann verschärfen sich die Probleme und der Druck erhöht sich in die Richtung eines Wechsels der Elite. Das kann in verschiedener Weise ablaufen: Mit der Wahl des bestmöglichen Szenarios; einem Wechsel des Regimes, wie es der vierten französischen Republik geschah, da sie bei der Dekolonisierung scheiterte; ein Zusammenbruch der politischen Strukturen, wie es etwa dem Habsburgerreich gegen Ende des ersten Weltkrieges passierte; oder als dramatischste aller Möglichkeiten mit einem Sturz der ganzen Zivilisation, wie es in Südamerika mit der Ankunft der Spanier geschah, oder in Ägypten, als die Muslime das Land übernahmen.

In Europa bestand das Hauptproblem für mindestens ein Jahrhundert in der Rivalität zwischen Deutschland und Frankreich, die zu drei Kriegen führte, die zunehmend brutal und destruktiv wurden. Als die Europäischen Eliten 1945 ihren völligen Erschöpfungszustand erreichten war offensichtlich, dass Krieg keine Lösungen mehr bringen würde und es etwas neuem bedurfte, und das bestand in der Schaffung eines "politischen" Europa. Der Plan funktionierte insofern, als dass damit neue Herausforderungen geschaffen wurden, wie etwa die deutsche Wiedervereinigung, die Alterung der Bevölkerung und die Integration von vielen Einwanderern aus völlig anderen Kulturen.


Neue Probleme, alte Lösungen


Diese neuen Herausforderungen erforderten neue Lösungen, und doch reagierten die Eliten mit Lösungen, die sie bei der Handhabung alter Herausforderungen anwandten, die im Einzwängen Europas in eine einzige politische und ökonomische Konstruktion bestand. Wenig überraschend haben die alten Lösungen nicht funktioniert, im Gegenteil verschlimmert ihre Anwendung viele der europäischen Probleme. Das interessante ist, dass die Mitglieder der Elite inzwischen damit beginnen, dies offen zuzugeben:

  • Mervyn King, der ehemalige Gouvaneur der Bank of England schrieb in seinem letzten Buch The End of Alchemy [Das Ende der Alchemie, d.R.], dass die europäischen Führer darauf drängten, den Euro einzuführen und das im vollen Bewusstsein, dass es in Südeuropa zu einer Wirtschaftskatastrophe führen würde. Die Idee war, dass der auf den geschwächten Volkswirtschaften lastende Druck die nationalen Politiker dazu zwingen würde, von Brüssel vorgegebene "Reformen" zu akzeptieren. Einfach gesprochen meint Lord King, dass die Eliten ganz bewusst einen umfangreichen Niedergang der Lebensstandards herbeigeführt haben in der frohen Erwartung, dass es die Legitimation der lokalen Politiker unterminieren würde. Das Problem besteht darin, dass das Volk (berechtigterweise) daran glaubt, dass ihr eigener Staat der beste Garant ist, um sicherzustellen, dass es der Gesellschaft möglich ist "zusammen zu leben", worin letztlich auch der grundlegende Vertrag eines Nationalstaates besteht.
  • Letzte Woche hat das unabhängige Überwachunsorgan des Internationalen Währungsfonds eine niederschmetternde Einschätzung abgegeben, wie die Institution die Krise der Eurozone gehandhabt hat, und den Vorwurf erhoben, dass die Mitarbeiter wissentlich die tödlichen Fehler im Euro Projekt ignorierten, weil sie emotional darin investiert waren. Es wurde zu einem Totem des IWF Vorgehens, dass es in einer gemeinsamen Währungsunion überhaupt keine Solvenzkrise geben kann. Darüber hinaus haben die aufoktruierten "Lösungen" bei Griechenland den schutzlosesten Teil der Gesellschaft getroffen und den Lebensstandard kollabieren lassen. Ein Teil der Vorwürfe, die gegen die Kompetenz des IWF gerichtet waren betrafen ihre Einschätzungen (Prognosen) hinsichtlich des Einflusses ihrer Maßnahmen auf die griechische Volkswirtschaft, die sich am Rande der Lächerlichkeit bewegten. Überdies waren die Prozesse, nach denen die IWF Mitarbeiter vorgingen unprofessionell, da die Entscheidungen ohne vorige Diskussion und Dokumentation erfolgten.

 Unsere "Experten" (die brillianten Männer von Davos) waren bislang nur darauf aus, ihre eigenen tribalen Interessen zu verteidigen, und weniger das allgemeine Wohl. Diese Zeugnisse sind ein Teil des Enthüllungsprozesses in Europa, der mit dem vollen Verlust der Glaubwürdigkeit enden muss und zwar sowohl für die besserwisserische Technokratenzunft, als auch für die transnationalen Institutionen, die alle seit 2011 die schlimmstmöglichen Entscheidungen für das Europäische Projekt trafen. Als solche wird nicht nur der IWF, sondern auch die Europäische Kommission und die Europäische Zentralbank ihre gesamte Glaubwürdigkeit verlieren.

Das wirklich beunruhigende an diesen nachweislich inkompetenten Institutionen ist der noch immer fortdauernde Griff nach noch mehr Macht und das ohne eine angemessene Kontrolle. Diese Hybris hat bereits dazu geführt, dass sie so ziemlich jede einzelne Regel nationalen Wirtschaftens brachen, die es vor der Krise gab (es scheint fast wie ein nebensächliches Detail, dass die EZB eigentlich keine Staatsanleihen kaufen darf), und das alles nur um das Projekt zu erhalten, wodurch aber die europäischen Volkswirtschaften zunehmend in die Katastrophe getrieben werden.


 Was bleibt uns dann eigentlich noch?

Historisch betrachtet, wenn eine ungewählte "Mafia" die politische Macht an sich gerissen hat, dann gibt es für die Bürgerschaft noch die Möglichkeit einer Wahl und wenn das nicht funktioniert kommt die Revolution. Wie üblich haben die Briten als erste gehandelt - und eine Wahl durchgeführt (Englands letzte Revolution fand 1688 statt). Die britische Entscheidung sollte eigentlich nicht allzu überraschend sein angesichts der Tatsache, dass das EU System so hingebogen wurde, dass die genialen "Eliten" nicht in demokratischer Weise gefeuert werden können.

Doch trotz der Bedeutung, welche die Brexitentscheidung hat, so ist Großbritannien nicht Teil der Eurozone und kann nun aussteigen, ohne das System zu sprengen. Italien, Griechenland, die Niederlande, Portugal und Finnland dagegen sind in dieser Zwangsjacke eingepfercht. Und um aus dem Euro rauszukommen müssen sie aus der EU raus. Daher wird der nächste Exit (Italien sieht aus wie der erste Kandidat) um einiges dramatischer werden, da es bedeutende Folgen für die Finanzströme hätte.

Die Ersparnisse in den Problemländern werden wahrscheinlich nach Frankfurt wandern (in Erwartung auf die DM), nach London, oder nach New York in der Erwartung des leicht überholten Gresham Gesetzes, wonach eine schlechte Währung die besseren verdrängt. Das Ergebnis wird eine umfangreiche Ausweitung der deutschen M1 Geldmenge sein [Bares+Sichtguthaben, d.R.] sowie eine Bankenkrise in den schwachen Ländern, da den Banken die Liquidität entzogen wird. Der Wert des Pfundes und des Dollar wird wahrscheinlich nach oben gehen. Da es ganz so scheint, als wäre die Europäische Bankenkrise bereits auf dem Weg, würde ich sagen, dass man diese Variablen eng verfolgt. Sollten Pfund und Dollar in Relation zum Euro mit dem Steigen beginnen, dann wird vermutlich auch die deutsche M1 Geldmenge nach oben schiessen. Und ab da wäre mein Rat in die Verteidigungshaltung zu gehen.


Im Original: Europe Has Two Options: Revolution or Elections

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