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Freitag, 26. Februar 2016

Daily Mail: Mehr als 130.000 Migranten sind in Deutschland "verschwunden" - das sind 13 Prozent der Ankömmlinge in den letzten 14 Monaten - wie die Regierung enthüllt


 
Von Alan Hall, 26. Februar 2016


Die deutsche Regierung gab diese bizarre Zahl als Antwort auf eine Frage, die im Bundestag am Donnerstag von der Linkspartei gestellt wurde.

Es bedeutet, dass sie Deutschland wieder verlassen haben, um in andere Länder einzureisen, oder dass sie in den Untergrund abgetaucht sind.

Die Zahlen basieren auf Heimplätzen quer durchs Land, die vergeben aber nicht aufgesucht wurden.

Der Leiter der deutschen Migrationsbehörde Frank-Jürgen Weise gab ebenso zu, dass derzeit bis zu 400.000 Menschen im Land sind deren Idendität den Behörden nicht bekannt ist.

Deutschland hat ebenso gesagt, dass es wenig Erfolg habe, die Flüchtlinge wieder in die EU Länder zurückzuschicken, wo sie herkamen - also den "sicheren" Länder, in denen sie aus ihrer Heimat kommend zunächst ankamen.

Die deutschen Behörden fragten bei ihren europäischen Partnern nach, ob sie jeden zehnten Asylbewerber zurücknehmen würden. 2014 war es noch jeder fünfte.

Das System aber ist bei einem Ansturm wie zur Zeit offenbar unbrauchbar - der vergangene Monat zeigte, dass in Griechenland 21 Mal mehr Migranten an den Küsten ankamen als im Januar 2015.

Diese Woche hat die Regierung ein Paket verabschiedet mit neuen und strengeren Regeln für Asylbewerber, die am Freitag in den Bundesrat zur Abstimmung kommen.

Das Gesetzespaket zielt darauf, die Asylprüfungen zu beschleunigen und Abschiebungen von abgelehnten Migranten einfacher zu machen, sowie dass einige Asylbewerber momentan bis zu zwei Jahre warten müssen, bis sie ihre Familie nach Deutschland nachholen können.

Obwohl den Deutschen diese Woche gesagt wurde, dass sie sich bis 2020 auf weitere 2,6 Millionen Flüchtlinge vorbereiten müssten ist die Anzahl der Ankömlinge an ihren Grenzen in den letzten Tagen sehr stark zurückgegangen, als lediglich noch 150 Personen an der Grenze mit Österreich ankamen.


Im Original: More than 130,000 migrants have 'vanished' in Germany - 13 per cent of arrivals in the last 14 months - the government reveals

The Spectator: Wenn die Migrantenkrise so weiter geht könnte es am Ende keine EU mehr geben, aus der Großbritannien austreten kann




Die Unnachgiebigkeit hinsichtlich der Grenzkontrollent und Hilfsleistungen gibt extremistischer Politik quer über den Kontinen Auftrieb. 27. Februar 2016


Man stelle sich vor Nigel Farage forderte, die Polizei solle das Feuer eröffenen, wenn Migranten versuchen über Calais nach Großbritannien zu kommen; in etwa: "Ich will es nicht, aber der Gebrauch von Schusswaffen ist eben die ultima ratio." Und man stelle sich vor, dass trotzdem - oder vielleicht auch deswegen - Ukip die Labour Partei in den nationalen Wahlumfragen übertreffen würde und zur beliebteste Oppositionspartei aufstiege. Das genau passiert gerade in Deutschland.

Die obigen Worte wurden von Frauke Petry ausgesprochen, der Führerin der Alternative für Deutschland (AfD), einer Rebellenpartei, die gerade dabei ist nächten Monat bei drei kommenden Landtagswahlen starke Zugewinne einzufahren. Bei einer Umfrage der Bildzeitung, die Ende Januar nach Petrys Aussagen durchgeführt wurde liegt die Partei vor den Sozialdemokraten, den Günen und den Linken. Sie steht kurz vor einer Reihe von Siegen bei drei Landtagswahlen.

Während die Nachrichten in Großbritannien dominiert werden von einem möglichen Brexit, kocht eine größere Geschichte in Europa hoch: Die große EU Errungenschaft der Reisefreiheit bricht unter dem Gewicht politischer Realitäten zusammen. Die Unfähigkeit, auf diese Krise zu reagieren treibt Millionen von Wählern zu extremen Parteien, die überall auf dem Kontinent marschieren. Wenn David Camerons vier Monate lange Kampagne für einen Verbleib in der EU beendet sein wird, könnte sie von den Realitäten bereits überholt sein.

Die AfD ist vergleichbar mit Ukip, aber ihr Aufstieg war bei weitem schneller. Sie wurde vor drei Jahren während der Eurokrise von Akademikern gegründet. Letztes Jahr wurden die Gründer dann verdrängt und die Partei entwickelte sich in eine Anti-Einwanderungspartei.

Das politische Klima in Deutschland ist aufgeheizt. Bei uns diskutieren wie die Farbe von Haustüren, in denen Asylbewerber untergebracht werden. In Deutschland hat letztes Wochenende eine kleine Menge im Ort Bautzen gejubelt, als ein Gebäude, das als Herberge für Migranten eingerichtet wurde auf die Grundmauern abbrannte.

Gleichzeitig hat ein Mob einen Bus eingekreist, Flüchtlinge in eine Herberge in Clausnitz nahe der tschechischen Grenze transportierte. Als die Flüchtlinge sich weigerten auszusteigen hat die Polizei einige von ihnen mit Gewalt aus dem Bus gezerrt und in die Herberge gebracht. Kein Wunder, dass deutsche Politiker sagen "die Polizei ist überfordert". Furchtbarerweise gab es letztes Jahr 920 Angriffe auf Asylzentren in Deutschland.

All das ist womöglich eine Überraschung für Briten, die sich erinnern wie Anwohner in München sich letzten September am dortigen Hauptbahnhof versammelten und den neuangekommenen Migranten zujubelten, kurz nachdem Angela Merkel ankündigte, dass jeder der nach Deutschland käme auch bleiben dürfe. Deutschland scheint von einem Extrem ins andere zu schwingen.

Einiges an Schuld trägt die Kanzlerin selbst. Als dieses Magazin argumetierte, ihr Aufruf an syrische Flüchtlinge nach Deutschland zu kommen sei ein tragischer Fehler - und ein massiver Anreiz, wie diese Woche enthüllt wurde für die 4 Milliarden Euro schwere Schlepperindustrie. Im Versuch, Deutschland als Meister des humanitären Handelns zu positionieren, hat sie nicht nur legitime Einwände in den Wind geschlagen, etwa hinsichtlich der Frage wie das Wohlfahrtssyste mit der großen Zahl an Migranten fertig würde, sondern hat auch übersehen, was für viele die in dieser Migrationskrise an vorderster Front arbeiten offensichtlich ist: Nicht alle der Menschen, die in Europa ankommen sind Flüchtlinge.

Die EU beginnt langsam zu begreifen, dass die Hälfte der "Asylsuchenden" gar keine sind. Viele, vielleicht die meisten stellen sich heraus als Beifang für die europäische Wirtschaft. Die Behörden aber sind unfähig, mit dem Eindringen fertig zu werden und das verursacht verständlichen Alarm - der, wenn er als Xenophobie diffamiert wird sich in Wählerstimmen für populistische Parteien verwandelt.

Die neuesten Zahlen zeigen, dass dieses Jahr bereits 110.000 Menschen über das Meer in Europa angekommen sind - was im Vergleich zum selben Zeitraum im letzten Jahr einem Anstieg um das zehnfache entspricht. Ein Drittel sind Kinder, viele unbegleitet, die die Regierungen mit großen, nie dagewesenen Herausforderungen konfrontieren. Kinder brauchen nicht nur Klassenzimmer zum lernen, sondern auch ein Zuhause. Die Schweden haben Häuser für diese unbegleiteten Kinder eingerichtet: Letzten Monat wurde ein Mitarbeiter in einem dieser neuen Herbergen von einem der Jugendlichen ermordet. Umfragen zeigen, dass die rechtskonservativen Schwedendemokraten nun schon fast so beliebt sind wie die Sozialdemokraten.

Die Belgier haben diese Woche die Grenzkontrollen zu Frankreich mit 300 zusätzlichen Beamten verstärkt. Während Cameron versucht (und daran scheitert), sich eine vernünftige Abmachung mit der EU zu sichern kamen Österreich und Slowenien unter Druck, weil sie die Kühnheit besaßen, die Asylgesuche zu begrenzen. Die EU Kommissare sagten, dies sei "schlicht inkompatibel" mit ihren Gesetzen - was bedeutet, da muss etwas falsch sein mit den EU Gesetzen.

Die Unfähigkeit der EU, auf die Geschwindigkeit dieser demografischen Änderungen zu reagieren bedeutet, dass sie innerhalb von Europa zu einer Quelle der Instabilität wird. Ihre Mitgliedsländer bitten um grundlegende Werkzeuge eines Nationalstaates: Die Kompetenz, die eigenen Grenzen und Pässe zu kontrollieren, um zu entscheiden, wer Anspruch auf Hilfe hat. Mit der Weigerung diese Werkzeuge herauszugeben intensiviert die EU die Krise. Ihre Unnachgiebigkeit unterminiert die öffentliche Unterstützung für die Einwanderung und bereitet die Brutstätte für politische Krisen - wie auch Angela Merkel mittlerweile feststellen muss.

Der Ministerpräsident sagte diese Woche, dass Großbritannien in der EU bleiben muss, weil das Land Probleme hätte, nach einem Austritt in zwei Jahren einen besseren Handelsvertrag mit Brüssel zu verhandeln. Allerdings weis niemand, ob die EU dann überhaupt noch existieren wird.


Im Original: If the migrant crisis goes on like this, there may be no EU for Britain to leave

Donnerstag, 25. Februar 2016

The Spectator: Ein deutscher Politiker weist auf den offensichtlichen Zusammenhang zwischen Flüchtlingen und der Terrorgefahr hin




Von Rod Liddle, 2. Januar 2016


Frohes neues Jahr. Tut mir leid für meine Abwesenheit. Ich war einige Wochen weg und dann bei meiner Rückkehr hatte ich keinen Internetanschluss und, weil diese hart arbeitenden Menschen von BT (British Telecom, d.R.) zehn Tage über das Problem brüten mussten, bevor sie den richtigen Stecker gefunden haben. Was für eine wundervolle Organisation.

Aber egal, gute Arbeit Lutz Bachmann - ein deutscher Politiker der PEGIDA Partei. Er schrieb auf Twitter, dass all diese Deutschen, die sagten "Refugees Welcome", sich auf zum Münchner Hauptbahnhof machen sollten - der an Silvester wegen einer Bombendrohung geschlossen werden musste.

"Alle #WelcomeKlatscher haben sich umgehend am Hauptbahnhof München einzufinden! #RefugISISnotWelcome https://t.co/DgIH8Gg9px" - Lutz Bachmann (@lutzibub) December 31, 2015

Er wurde dafür kritisiert die Ankunft von Flüchtlingen - die von der zunehmend neben sich stehenden Angela Merkel als "Gelegenheit" für Deutschland beschrieben werden - mit der Bombendrohung. Nein, klar. Völlig abwegiger Gedanke. Wenn Lutz doch nur bei uns leben würde.

   

Im Original: A German politician points out the obvious about refugees and the terror threat

Sonntag, 21. Februar 2016

The New York Times: Donald Trump geht gar nirgends hin



Wo wird sein politisches Abenteuer enden? "Ich habe keine Ahnung. Aber jetzt bin ich hier. Und es ist wunderbar." Von Mark Leibovich, 29. September 2015


"Ich mache mir über gar nichts Sorgen," erzählte mir Donald J. Trump an Bord seiner 757, als wir gerade zur kürzlich stattfindenden Debatte der Republikaner in der Ronald Reagan Präsidentenbibliothek in Simi Valley, Calif fliegen. Er teilt seine Aufmerksamkeit auf zwischen einem ziegelsteingroßen roten Samtkuchen und dem 57-Zoll Fernseher, in dem gerade über Trump geredet wurde, was die Kommentatoren in den letzten drei Monaten so ziemlich die ganze Zeit taten. Der Kommentator Dylan Byers sagte, dass Trump nun Gefahr laufe, "einen Haifisch zu bespringen", da die Wähler sich langsam an seine Auftritte gewöhnen. "Nee", sagte Trump und grinst den Fernseher an. Für den Immobilien- und Reality-TV-Tycoon ist das alles eine Win-Win Situation. Peggy Noonan vom Wall Street Journal beschrieb den Effekt kürzlich, wie mir Trump erzählt, und erklärt, dass selbst wenn er verlöre, "dann werde ich wieder Donald Trump sein, nur viel größer."

Die Trump Kampagne mag für ihn ein Win-Win sein, aber es ist ein monströses Dilemma für eine Menge anderer Leute. Es ist ein Dilamma für die Republikaner und ein Dilemma für die Leute, gegen die Trump antritt: Zu gerne würden sie ihn links liegen lassen als eine Nebensächlichkeit und und ihn für geschlagen erklären, nur, er dominiert noch immer die Kampagne und die Konversationen, und sie haben keine Ahnung, ob sie ihn als Antwort ermutigen sollen, attackieren, ignorieren oder sich an ihn anbiedern. Es ist ein Dilemma für die gewählten Führer, Kampagnenstrategen, gerühmten Experten und unzähligen Parasiten, die am "Establishment" hängen. Sie haben eine gewisse Erwartungshaltung, ungeschriebene Gesetze und spezielle Modi, die Dinge anzugehen, die Trump wieder und wieder in der takloseseten Weise verspottet. Und es ist natürlich ein Dilemma für die Medien, die Angst haben, sich einem Zirkus hinzugeben. Daher hat The Huffington Post im Juli angekündigt, dass es seine Geschichten über Trump nur noch in der Sektion für "Unterhaltung" veröffentlichen würde, damit wenn das ganze erstmal vorbei ist, und das würde bald geschehen, die Webseite ihre Integrität erhalten und weiterhin eine gehobene Klientel ansprechen könne. Eine vergleichbare Sorge hinderte mich daran, über den Sommer während seines Triumpfzuges über Trump zu schreiben. Zunächst habe ich ihn als naiven Clown abgetan, als den Hauptankläger der falschen Behauptung, Präsident Obama sei nicht in den Vereinigten Staaten geboren - der sogenannten "Birther"(Gebärenden)-Bewegung. Und ich war natürlich unglaublich an Ernsthaftigkeit interessiert und hatte zu viel Anspruch um mich jemals zu besudeln, indem ich zu nahe an Donald Trump herangehe.

Zunächst zweifelte ich auch, dass er sich jemals bewerben würde. Ich nahm an, dass seine dahingehenden, bei mehreren Wahlzyklen wiederholten, öffentlichen Angebereien einfach nur eine weitere Facette seiner existenziell nach außen gerichteten Lebensweise. Ich schloss, dass selbst wenn Trump es durchziehen würde, ihn seine Panikmache mit Verschwörungen, seine Reality-TV Affinität und die grelle Anwesenheit in den Boulevardblättern ihn völlig inakzeptabel scheinen lassen würden für die amerikanische Politik und die Massenmedien. Sie würden ihn gnadenlos in die Idiotenecke stellen. Daher entschied ich, nicht über ihn zu schreiben und ich fühlte mich bei der Entscheidung solz und ehrenh

Im Juni erklärte der heute 69 jährige Trump dann tatsächlich seine Ambitionen für das Präsidentenamt. Einige Wochen später kamen die großen Massen, die emporschnellenden Umfragewerte und die Magazintitel und ich begann mich zu fragen, ob ich ihn zu übereilig abgeschoben hatte. Das Problem bestand darin, dass die Entscheidung nicht über ihn zu schreiben dafür sorgte, dass ich nicht einfach damit anfangen konnte. Wie groß war die Chance, dass er noch immer da sein könnte, wenn ich schon am Ende bin? Er machte einfach weiter, vorgebliche Tabus zu brechen - er nannte illegale Einwanderer Vergewaltiger und Kriminelle in seiner Ankündigungsrede und fragte offen, ob John McCain wirklich ein Kriegsheld sei ("Ich bevorzuge Leute, die sich nicht fangen lassen") und schien tatsächlich anzudeuten, dass die Moderatorin der ersten republikanischen Debatte, Megyn Kelly von Fox News, ihm nur deswegen unvorteilhafte Fragen stellte, weil sie gerade menstruierte.

Trotz allem hörten seine Umfragewerte nicht auf zu steigen. Er war die Unfreundlichkeit in Person und viele republikanische Wähler lieben ihn genau dafür. Sie schienen allesamt zu sagen, dass Trump hin und wieder (oder in seinem Fall auf Anfrage) krass und assozial sein dürfe, denn, kann er überhaupt schlimmer sein, als Politik im allgemeinen ist?

Ich entdeckte dieses Phänomen direkt bei der ersten republikanischen Debatte am 6. August in Cleveland. Ich positionierte mich im der Debatte folgenden "Spin Room" (Beurteilungsraum), dem Ort, wo die Kampagnenmitarbeiter ihre standardisierten Phrasen an die Medien weitergaben. Die Kandidaten selbst kommen dort beinahe nie vorbei. Aber plötzlich, ganz zum Schluss, fand buchstäblich ein Ansturm auf das weite Ende des Raumes, wo Trump die Versammlung des freundlichen Beieinanders sprengte. Ich habe viele Drängelmomente der Medien erlebt, aber nie etwas derartiges. Es war beängstigend. Die Leute stolperten, fielen und wurden aus dem Weg gedrückt. Kameras fielen zu Boden. Was ich sah, war wie höfliche Routinen und Traditionen zusammenbrachen, als sich Amerikas politische Ordnung nach einem neuen Schwerpunkt umorientierte. Als sich die Rufe und Schreie intensivierten wurde ich instinktiv zu diesem Tollhaus hingezogen.

In den Monaten danach wuchs Trump in eine Art Einmann-Chaostheorie im Mittelpunkt von konzeptlosen Vorwahlkampagnen. Die ernsthaften Parteiführer hoffen verzweifelt, dass er weg geht; die Berater und Spendenkönige fühlen sich irrelevant (weil sie es größtenteils für Trump sind); selbst Fox News, mit dem er sich ganz besonders angelegt hat wirkt durchgeschüttelt. Beim ersten Schwächezeichen, Trumps Leistung bei der zweiten Debatte, sind Trumps Umfragewerte stagniert und Experten links wie rechts konnten nicht schnell genug ihr "Anfang vom Ende" für Trump in die Welt tragen. Und doch führt er noch immer in jeder Umfrage und es ist nun Oktober und es geht immer noch weiter. Wo wird das enden? Ich frage Trump mehrere Male danach, als wir in seinem Büro saßen und in seinen Limousinen und Flugzeugen. "Ich habe keine Ahnung," sagte er jedes Mal und manchmal fügte er eine Profanität in den Satz.  Aber jetzt bin ich hier. Und es ist wunderbar."

Es war zu Beginn im September, als wir uns das erste Mal in seinem Büro im 26-stöckigen Trump Tower trafen. Als ich reinkam hat der legendäre College Basketball Trainer Bobby Knight gerade über den Lautsprecher des Telefons eine Lobeshymne auf ihn abgegeben. Knight, der Trump noch nie traf, hat ihn offenbar einfach so angerufen und ihm seine Unterstützung angeboten. Ich war etwas stutzig darüber, wie "einfach so" das gewesen ist, angesichts der Perfektion des Timings bei meiner Ankunft, aber Knight lieferte trotz allem einen gerührten Tribut. "Niemand hat mehr erreicht als Herr Trump," gab Knight von sich, als Trump ihm erzählte, ein Journalist sei eben in den Raum gekommen. Trump nickte und winke zum Telefon und stellte sicher, dass mein Aufnahmegerät an war. "Was für eine Ehre, man, " sagte Trump. "Ich werde bald wieder mit Ihnen sprechen und ich werde nicht vergessen, dass Sie angerufen haben. Danke, Bobby."

Trump ist 1,90m groß und sieht in echt größer aus als man meinen möchte, teilweise weil er von Kopf bis Fuß eine verkniffenen Ausdruck pflegt hinter den Tischen und Pulten wo wir ihn in der Regel erleben.

Er stand hinter einem von Papieren überhäuften Tisch, Stapeln von neuen Magazinen mit ihm auf dem Titel und wie auch einer Trump Puppe. "Haben sie schonmal Typen mit leerem Schreibtisch erlebt?" sagte er in Erklärung seines Chaos. "Sie scheitern immer. Ich weis nicht warum. Aber ich habe es jahrelang erlebt."

Trump wies zur Gallerie von Magazintiteln an der Wand neben ihm, die eine Playboy Ausgabe von 1990 umfasst ("Und das war, als es damals noch wirklich ein Playboy war") und ein eine Ausgabe von The New York Times von 1984 mit Trump auf dem Titel. "Ich hatte weit mehr als 15 Minuten Ruhm, das ist sicher," sagte er. Trump kann überbesorgt sein über sein Bild in der Presse. Seine Öffentlichkeitsarbeit betreibt er überwiegend selbst bis runter zu den Twitternachrichten - die er selbst schreibt oder diktiert. Ich fragte Trump, ob seine Kampagne auf eine spzielle Gruppe abzielt. Ich kannte die Antwort, fragte aber trotzdem. "Ich konzentriere mich auf Gruppen," sagte er und drückte seine Daumen gegen die Stirn, "und zwar genau hier."

Nahe an Trump herankommen ist keine Zahnwurzelbehandlung, wie es etwa bei Hillary Clinton ist, um etwas authentisches aus ihr heraus zu bekommen. Es ist in der Regel etwas, an das sich politische Reporter gewöhnen müssen, wenn sie ignoriert werden, patronisiert und ihnen standardisierte Versatzstücke angeboten werden in der Qualität einer Lobotomie von typischen Politikern und ihren Beratern als personifizierten Zwangsjacken, die sie umgeben.

In der Regel versteht und anerkennt Trump, dass Reporter es mögen, wenn man ihnen eine gute Zeit gibt. Es hat in seinem Fall etwas symbiotisches, da er darüber, was gesagt, geschrieben und bei Twitter über ihn vorkommt extreme Aufmerksamkeit widmet. Trump sagt immer, dass einer der entweder-oder Experten einer Morgensendung nun "sehr nett" über ihn urteile, und dass ein anderer Journalist "der mich früher zerstörte" seine Meinung änderte und ihn nun "lieben würde." Es gibt einen "Truman Show" artigen Aspekt dabei, nur dass Trump eben der Regisseur ist - er verkauft fortlaufend seine Geschichte, erzählt sie und dreht seine Geschichte während er sie lebt.

Bei mir wechselte Trump oft hin- und her zwischen Protokoll und nicht fürs Protokoll, wobei das eine inhaltlich nur wenig sensibler war als das andere, aber mit genug Unterschied, um klar zu machen, dass er fähig ist, das Gewicht seiner Worte abzuschätzen und zu wissen, wo seine Grenzen liegen. An einem Punkt erklärte Trump sich "hälftig nicht fürs Protokoll" zu äußern (es war nicht zu interessant, oder gar teilinteressant). Er blieb mir gegenüber einschüchtern und verlangte von mir "fair bleiben", was heisst, ich sollte einen vollen und guten Vortrag über das Trump Phänomen geben - also vollauf das zu machen, das er oft als "yooooge" bezeichnet. Andernfalls würde es "hässlich" werden, wie es erst kürzlich war, als ein Reporter einen "stotternden Applaus" ausmachte, den er bei einer Veranstaltung in Iowa bekam, als es viel mehr war als ein "Gestotter" war - man kann ihm da glauben. "Ich stottere nicht," sagte er und spuckte das Wort geradezu aus.

Während ich die Magazintitel an der Wand überflog und seine fortlaufende Prahlerei aushielt, wunderte ich mich laut, ob Amerikaner nicht vielleicht eine etwas bescheidenere Art von Chef bevorzugen würde, vorgetäuscht oder echt. "Nein," spottete er. "Sie wollen Erfolg. Früher wollten sie Demut. Sie wollten einen netten Menschen" (fürs Protokoll, er fügte an "Ich bin ein netter Mensch"). Aber was sie wirklich wollen ist jemand, der gewinnen kann, so wie Trump es immer tut. "Wir werden so viele Siege erleben, ihr werdet gelangweilt sein davon."

Ich fragte, ob er jemals Selbstzweifel hatte. Die Frage schien Trump unvorbereitet zu treffen und über ihn huschte eine Sekunde lang ein Zweifel, wenn nicht gar Verletzlichkeit. "Ja, mehr als die Leute glauben werden," erzählte er mir. Wann? "Ich will nicht darüber reden." Er zuckte grinsend mit den Achseln. "Weil, wissen Sie - mehr als die Leute glauben werden. Ich weis wie das Leben laufen kann. Dinge können passieren." Das war ein seltener Moment, als Trumps Stimme etwas vom Weg abkam, wenn auch nur wenig. Er gab mir dann ein Blatt mit neuen Umfragewerten, die jemand auf seinen Schreibtisch legte. "Wunderschöne Zahlen," sagte er und bot mir an sie mitzunehmen.

Ein seltsamer Teil der Massenmomente, das Trump mittlerweile bei fast allen öffentlichen Veranstaltungen seit August umgibt ist, dass Leute ihm Geld geben, um es zu unterschreiben. Ich sah es das erste Mal am 11. September beim nationalen Trauertag. Trump hat sich durch die Lobby des Rockefeller Centers gebahnt nachdem er einen Auftritt von "The Tonight Show Starring Jimmy Fallon" aufzeichnete und ihn eine tosende Menge erwartete. Ein Gebäudesicherheitsmann beschrieb die Szene mir gegenüber als "Justin Bieber Niveau." Es bestand überwiegend aus Touristen und Ausländern, viele davon jung. Es gab die üblichen Paparazzi und einige riefen Fragen. Aber was hängen blieb von diesem Moment waren die Dollarscheine. Trump unterschrieb einen nach dem anderen und die Besitzer klammerten sich an sie wie Lottotickets mit sechs Richtigen. "Schaut ma, ein 100 Dollar Schein?" sagte Trump und zeigte mir den Schein, den ihm eine Frau aus Long Island zum unterschreiben gab. Es kommt nicht so oft vor, dass Politiker Geld unterschreiben. Danach gefragt - ich habe Hillary Clinton dabei gesehen - würden es einige ablehnen, da es technisch betrachtet illegal ist, die Währungseinheiten zu verändern.

Aber es ist ein passendes Souvenir von einem der Hohepriester der nationalen sekulären Religion: Konsumismus mit Anspruch. Reagan war Kapitalist und Freihandelsikone, aber überbordender Konsum (wie es die Leute früher nannten) war eine der guten Seiten des amerikansichen Freiheits- und Wohlstandsmodells, doch es war kein nationales Ziel oder gar eine Tugend an sich. Nicht so sehr bei Trump, der natürlich viele schöne und stilvolle Dinge sein Eigen nennt. Es gibt einen gewissen wohlstandstheologischen Aspekt an Trumps Anziehungskraft, die Idee dass man einem Lehrer folgt, weil er reich ist und sein eigenes Flugzeug und der einem manchmal implizit und manchmal explizit genau das auch verspricht.

Und doch, während seines ganzen Aufstiegs wurde Trump bezeichnet als "Populist". Ich hatte Populismus immer verknüpft mit wirtschaftlichen Aufständen durch die Verarmten gegen die Priviligierten. Trump, der in Queens als Sohn eines wohlhabenden Immobilieninvestors aufwuchs bewirbt seinen astronomischen Reichtum, seite eliteakademischen Abschlüsse und die "guten Gene" ("mein Onkel war Professor am MIT und er war der schlauste dort"). Er ist vermutlich der erste "populistische" Präsidentschaftskandidat, der seinen Abschluss aus Wharton bei einer Kampagnienveranstaltung in Alabama erwähnt. Sicherlich gab es davor schon populistische Protzer wie Ross Perot. Und die vorigen Populistischen Bewegungen wurden wie die von Trump getrieben von der geschürten Angst vor "den anderen" (in Trumps Fall sind es seine schonungslosen Angriffe gegen illegale Einwanderer, welche die USA in "den Müllhaufen der Welt" verwandelt haben).

Während aber der Populismus sehr oft mit Graswurzelbewegungen verbunden sind, kommt Trumps Marke nicht von unten, wie es bei Obamas Kampagne 2008 war, oder auch bei der Tea Party Bewegung in den letzten Jahren. Viel mehr ist Trump ein Medienpopulist, der einen Personenkult treibt, dessen Anhängerschaft sich über die Jahrzehnte aufgebaut hat. Die Popularität von Trumps NBC Reality Sendung "The Apprentice" etwa machte ihn zu einer potenten popkulturellen Person; die Macht über diesen Status (das Missbilligen, der erbarmungslose Chef) könnte sogar die auf ihn zugeschnittenen strategischen Imperative übertreffen (Konsistenz der Botschaft, Spendenbasis), wodurch die politischen Schlaumeier hellhörig wurden. In Großen und Ganzen liegt der Kern von Trump als Phänomen in seiner Berühmtheit selbst, die im heutigen Amerika so populistisch ist wie es nur möglich ist.

Draußen auf dem Gehsteig des Rockefeller Centers war die Horde für Trump etwas kantiger und beinhaltete mehrere Protestanten. Es gab Rufe ("Trump ist ein Rassist"), Sticheleien ("Donald, wirst du mich auch deportieren?") und Plakate ("Du bist nicht eingestellt"). Ein paar Protestanten gingen rein und beschimpften Trump aus nur wenigen Meter Entfernung, als er auf dem Weg zum Hinterausgang und zu seiner Stretch-Limousine war für den kurzen Weg zurück zu seinem Turm. Bequem sitzend erweckt er überhaupt nicht den Eindruck, als sei er einer tumultartigen und leicht verrückten Situation entkommen, um sich hinter Panzerglas in Sicherheit zu bringen. "Da passiert gerade was," teilte er mir nur mit.

Es gab einige Schläge an der Seite des Fahrzeugs als wir wegfuhren. Hope Hicks, Trumps 26 jährige Publizistin und ehemaliges Ralph Lauren Modell saß uns gegenüber; neben ihr war Corey Lewandowski, Trumps drahtiger Föhnfrisur eines Kampagnenmanagers, der tief in sein iPhone eingegraben war. Nach einigen Sekunden der Stille im Wagen schien Trump plötzlich der Sauerstoff auszuehen. Er öffnete das Fenster, um mehr vom Tumult einzuatmen und mehr Magazintitel mit seinem Konterfei zu unterschreiben. "Donald! Selfie!" schrie eine Frau und streckte ihren Kopf rein. Trump gab nach und schloss dann das Fenster.

"Unser Land muss aufgemotzt werden," sagte Trump sich mir zuwendend. Hicks warf ein, dass Bloomberg Politics kürzlich eine Umfrage bei Wählern in New Hampshire durchführte, in der eine Frau das Wort "stilvoll" nutzte, um den potentiellen Präsident Trump zu beschreiben.

Als wir uns langsam durch eine Seitenstraße bewegen sagte Trump, er glaube es gäbe eine Krise darin, wie Amerika und die Präsidentschaft von Konsumenten im In- wie Ausland wahrgenommen werde. "Die Marke unseres Landes befindet sich an einem Allzeittief," sagte Trump. "Nun mag der Begriff 'Marke' nicht das ideale Wort zu sein um es zu beschreiben, aber Tatsache ist nunmal, dass das Land sehr mies beurteilt wird."

Trump macht keine Versuche, seine Liebe für Ruhm und Bewunderung zu verbergen und er wird nicht verbreiten lassen, wie es Politiker in ermüdenden Botschaften tun, dass es bei seiner Kampagne "nicht um mich geht, sondern um euch." Die Linderung, die Trump ausstrahlt und die er aufnimmt, sein Selbstbezug ist nicht nur Kern seiner "Marke", sondern betont auch eine Art von Ehrlichkeit bei ihm. Er kann sogar feindlich sein gegenüber jeder Meinung, er sei ein demütiger Diener - wofür Beispielhaft die bescheidenen George Washington und Abraham Lincoln stehen.

Die Vorstellung eines Jedermann als Präsident steht völlig gegen seine Vision von Glanz für die Nation. Der Präsident sollte ein Mann sein der individuell, außergewöhnlich und prächtig ist in jeder Hinsicht. "Jimmy Carter verlies die Air Force One gewöhnlich mit seinem Koffer," sagte Trump. "Ich sagte dazu immer 'Ich will keinen Präsident der seine Koffer selbst trägt.'" Carter war ein netter Mann, das lässt Trump gelten. "Aber wir wollen jemanden, der da raus geht, ein paar Ärsche eintritt und gewinnt." Was offenbar nicht von jemandem erreicht werden kann, "der aussteigt mit einer großen Tasche voller Unterhosen."

Hicks wies darauf hin, dass einige Nachzügler aus dem 30 Rock auf der Sith Avenue gerade zu Fuß hinter der Limousine herrannten. "Schaut euch nur die Leute an," sagte Trump sich umdrehend um sie anzuschauen. "Es ist buchstäblich etwas traurig." Die Nachzügler erreichten die Limousine an der roten Ampel, Trump öffnete das Fenster und gab Autogramme. "Wie viel wirst du das Ding verkaufen?" fragte er.

"Amerika hat es satt, immer in die Ecke gedrängt zu werden," erzählte mir Matt Yelland, ein 60 jähriger Elektroingenieur, bevor Trump Mitte September die Bühne im American Airlines Center in Dallas bestieg. Wir befanden uns nur Tage entfernt von der Debatte in der Reagan Library und eine MEnge von etwa 17.000 kam für die Veranstaltung zusammen. Hinter Yelland hielt ein Mann ein "die schweigende Mehrheit wird lauter" Schild, auf das alte Nixon Motto - die schweigende Mehrheit - hindeutend, was Trump sowohl als Kampagnen Spruch als auch Zielmarkt identifizierte. "Wir sind ein gutmütiger Hund, aber wir haben es satt, herumgestossen zu weren," sagte Yelland.

Das war eine häufige Einstellung unter den Trump Unterstützung die ich traf, eine Gruppe fühlte sich abgetragen vom gehänselt werden. Implizit im Kampagnenruf "Make America great again" ("Amerika wieder großartig machen") enthalten ist die Sehnsucht nach einer Führungsperson, um den verlorenen Stolz wieder zu gewinnen - im Gegenzu zu einer wenig komplexen, wenig politisch korrekten und sicherern Nation. Trumps Krieg gegen die politische Korrektheit befriedigt insbesondere viele weiße Wähler der Republikaner, die sich von den Neuankömmlingen unterdrückt und zum Schweigen gebracht fühlen von den progressiven Errungenschaften, die Frauen, Latinos und Schwule geniessen. Es gibt auch für Trump eine Rangfolge der Beleidigungen in der Verkleidung des "sagen wie es ist" und verstärkt seine Reality-TV artige Erzählung. Was wird er nur als nächstes sagen? Wie wird er es sagen?

Trumps Rede in Dallas war ein 70 minütiges Gestampfe, das wie der Angriff einer wild gewordenen Raketen gegen große Teile des politischen Establishments. Wenn, wie Mario Cuomo sagte, die Kampagnen eines Politikers Lyrik sind und das Regieren Prosa, dann können wir das bei Donald Trump getrost ignorieren. Er führt seinen Wahlkampf in etwa so lyrisch wie ein Wildschwein Chardonnay schlürft. Er machte John Kerry lächerlich, weil er sich während der Nuklearverhandlungen mit dem Iran sein Bein bei einem Fahrradunfall brach - so schwach und erbärmlich. "Die Leute im Iran sagen, 'Was für ein Schmock'" sagte Trump über den Außenminister.

Was mich aber mehr beeindruckte, sowohl an der Rede wie auch am Geist in der Halle war, wie unideologisch das alles war. Jenseits von illegalen Einwanderern, die der politischen Rechten jederzeit als eine Art Gespensterschattenspiel zur Verfügung stehen bestehen Trumps Ziele aus einer überparteilichen Sammlung der "pernanenten politischen Klasse", wie sie Joan Didion in ihrem Buch "Politische Phantasien" ("Politicl Fictions") beschrieb: Die Inzestuösen Bande der TV-Moderatoren, Kampagnenstrategen und Kandidaten, mit der die inszenierte Miserabilität unserer Politik aufrecht erhalten wird.

Die Vorbehalte gegen diese Klasse haben sich über mehrere Jahre aufgebaut. Es wurde auf beiden Seiten thematisiert durch das Aufkommen von Gegenbewegungen wie der Tea Party und von Occupy Wall Street (Trump flucht gegen die Spendensammler "Blutgeld", "Blutegel", Lobbyisten und die Wall Street die als "Papiertiger" gerne überall ihre Finger reinstecken). Als Journalist in Washington wurde auch mir diese Welt immer bewusster - die bekannten Gesichter, die wiederverwerteten Formulierungen und Politiker von der Stange - und hier war es niemand anderes als Donald J. Trump, der Milliardärs und Angebers, dem ich mich wegen des karikaturenhaften Demagogenscheins wegen entzogen, und das ganze noch breitgetreten habe. Er heftete sich nicht an die Linken oder Rechten, sondern gegen die "Versager" und "Drecksäue" in ihren verschiedenen Ausprägungen: Die Experten, die "dicke Brillen tragen" und "an einem Tisch sitzen", die "politischen Typen", die amerikanische Interessen nach Übersee verkaufen. Karl Rove "ist ein völlig inkompetenter Idiot," was Trump dem Publikum in Dallas erzählte, als er auf den Fox News Kommentator und obersten republikanischen Strategen von George W. Bush zu sprechen kam. Die Menge jubelte wie verrückt als er Rove fertig machte, was für sich betrachtet überaus bemerkenswert ist - der "Architekt" von Bushs politischer Reise wird in die Tonne getreten auf einer rechtsgerichtetn Veranstaltung in Bushs Heimatstaat.

An genau dieser Stelle begann ich froh zu sein, dass ich doch über Trump schreibe, da er sich offensichtlich auf eine Menge Politikmüdigkeit stützen kann. Es gibt wenig Unterschiede zwischen Trump, der nicht Präsident werden will und Trump, der sich jetzt um das Amt bewirbt, außer dass er mehr öffentliche Auftritte absolviert. Trump ist noch genauso proletenhaft, dreist und die selbe grandiose Rampensau, die wir quer durch die Genres erleben durften. Und aus irgendeinem Grund hat sich sein Charakter zu diesem politischen Moment als das perfekte reisserische Gegenstück erwiesen. Es war eine Wiederholung dessen, was bei der ersten Debatte passierte, als der ganze Raum der Politkampagnenexperten verlassen wurde, nur um rund um Trump herum ein flammendes Chaos zu erzeugen. Ist Trump etwa die logische Konsequenz eines kranken Systems, in dem die amerikansiche Demokratie gefangen ist, die einem Goldrausch der billigen Berühmtheiten gleicht mit dem Drang zu Reichtum und einer narzisstischen Markenverrücktheit? Oder hat er einfach seine Werkzeuge zut Transformation genutzt - sein Geld, seine Bekanntheit und die Dominanz in den Medien - gegen genau die Kräfte, die diesen Ekel im System überhaupt erst erzeugt haben?

Egal, Trump verließ die Veranstaltung bei nachhaltigem Applaus, als zwei Lieder nacheinander gespielt wurden: Twisted Sisters "We're Not Gonna Take It" und Aerosmiths "Dream On."

"Da gab es eine Menge positive Energie in dem Raum!" sagte mir Trump vom Beifahrersitz aus eines SUVs als wir nach der Veranstaltung die Arena verließen. Er verströmte den rotbackigen Schwindel eines Jugendlichen, der nicht glauben kann was ihm gerade passiert. "So ein Publikum bekommt man nicht ohne Gitarre." Er berichtet, dass seine Frau, die seine Rede im Fernsehen sah, "meinte es war eine Eins mit Sternchen."

Wir fahren nach Love Field, wo Trumps Boeing 757 wartet, um uns ganz nach Südkalifornien zu bringen für eine Debatte. Eine kleine Gruppe von Fans stand entlang des Zauns und machte Fotos des Flugzeugs mit dem großen "T" m Heck und dem goldlackierten "Trump" an der Seitenwand. Trump wollte mir unbedingt seinen tollen Flieger zeigen - den Konferenzraum und das Schlafzimmer, die edlen Sessel und die goldverzierten Anschnallgurte.

"Willst du dir die Hände waschen oder etwas anderes?" fragte Trump, als ich ihm in der Hauptkabine Gesellschaft leiste. Tump hasst Bakterien ("Ich bin sehr, sehr reinlich"). Er hatte auch Hunger. Er wankte zu einem Vorratsecke mit einem Fach voller Konserven mit Hühnchen, Schrimp, Wolfsbarsch und Chateaubriand. "Wunderbares Zeugs," murmelte Trump mit vollem Mund. "Es gibt mehr Essen als man 'yooooomanly' überhaupt essen kann." Es schaufelte sich große Gabeln voller Kartoffelgratins auf seinen Teller und ging über zu den Schrimp. "Magst du Schrimps?" sagte er. Er dängte mich nachzugeben unter der Bedingung, nicht zweimal in der Cocktail Soße zu tunken. Das ist ein kleiner Tick von ihm. Er war kürzlich auf einer Cocktail Party und es wurden Hors D’Oeuvres gereicht. "Dieser große, schwere Typ nimmt die Schrimps, tunkt sie rein, beisst ab und tunkt nochmal nach," erzählte er mir. Trump war angewiedert vom wiederholten tunken, und das selbst beim nacherzählen. "Ich sagte 'Sie haben eben *Kraftausdruck* doppelt getunkt!' Er wusste nicht, worums ging."

Trump sagte, er folge keiner speziellen Diät oder Sportprogramm für die Kampagne. "Alle meine Freunde, die permanent trainieren brauchen Knieoperationen, neue Hüften - die sind Wracks," sagte er. Als Training genügt ihm, wenn er eine Stunde lang vor dem Publikum steht, wie er es davor tat. "Das bringt Ausdauer." Auch zeigte Trump nicht viel Interesse an den klassischen Vorbereitungen für eine Präsidentendebatte, die nun noch 48 Stunden vor ihm lag. Die CNN Moderatoren könnten ihn eine Million unterschiedliche Fragen stellen, sagte er. Es macht also keinen Sinn, sich in einem Raum einzuschliessen mit Vorbereitungshandbüchern und 20 Experten. "Was war was Romney tat, und am Ende bekam er sein Maul nicht auf," sagte Trump.

Statt dessen nahm Trump seinen Berg voller Essen und ließ sich auf einer Couch neben dem großen Fernseher nieder. Er verbrachte einen Gutteil der drei Stunden Flugzeit damit, ein rießiges Bild anzuschauen, auf dem Donald J. Trump gerade seine Rede gab. Er zappte zwischen Fox News, CNN und MSNBC hin und her und nahm die Kommentare in kleinen Schnipseln auf. Wann immer ein neuer Redebeitrag kam schrie Trump zurück, je nachdem wie er oder sie ihn behandelte.

"Der Typ war toll mir gegenüber," sagte er als Bill O'Reilly von Fox auftrat (weniger nett war O'Reillys Gast Brit Hume, ebenfalls von Fox). Kevin Madden von CNN, ein republikanischer Stratege war ein "totaler Romney Typ," während Ana Navarro, eine republikanische Medienberaterin und Jeb Bush Unterstützerung "so mies, so erbärmlich, schlimm ist - Ich weiss gar nicht warum sie im Fernsehen ist." Weiter zu Fox News. Jeb Bush sagt etwas auf Spanisch. Weiter zu MSNBC. Hillary Clinton sagt, sie wünschte Trump würde endlich anfangen "Frauen zu respektieren." Weiter zu Fox News. Jeb Bush sagt etwas auf Spanisch. Weiter zu MSNBC. Hillary Clinton sagt, sie wünschte Trump würde endlich anfangen "Frauen zu respektieren" und nicht "ihnen nachzustellen." ("Sie redet so armselig, ich glaube sie hat Probleme," sagte Trump) Weiter zu CNN. Dort wird eine Grafik gezeigt, in der 70 Prozent eine schlechte Meinung über Trump hätten. Weiter zu Fox News. Trump fragte nach einem weiteren Teller von den Gratins.

Nach einer Stunde, die Trump damit verbrachte sich selbst im Fernsehen zu sehen versuchte ich, aus ihm ein paar Details aus seinem großen, tollen Plänen zu bekommen. Wir waren gerade bei einem Stück der Wiederholung, in der Trump über Menschen redete, deren Familien "dezimiert" wurden durch illegale Einwanderer, dem emotionalen Kern seiner Rede. Er beschrieb illegale Einwanderer als "rauhe Typen", die bei Straßengangs mitmachten und Morde begingen. Wenn Trump Präsident ist, "dann werden sie extrem schnell hier rausgeworfen sein," sagte er in einer Rede. Ich fragte Trump, wie er vorhätte, sie aufzufinden und sie rauszuwerfen. "Einfach nur raus mit denen," sagte er mit seiner Hand wedelnd, ohne auch nur einmal vom Fernseher wegzublicken.

Es ist nicht leicht Trump auszurechnen, diese popkulturelle Rampensau, wie über die "Momente" wacht, die eine Präsidentschaft entscheiden, was eine Menge aufrichtige Empathie benötigt. Ich erwähnte Obama nach der Schiesserei in Charleston in South Carolina, oder George W. Bush, der Tage nach dem 11. September vor den Trümmern des World Trade Center stand. Empathie versicherte er mir "wird einer meiner stärksten Aspekte von Trump weren." Aber vorerst ist er im Verkäufermodus, und versucht die Leute zu überzeugen, dass er gute Arbeit leisten kann. "Wenn ich in der Position bin, wenn wir furchtbare Hurricans haben, all diese furchtbaren Sachen, dann braucht man Empathie."

Trump konzentrierte sich wieder auf sich auf dem Fernsehschirm. Er zog gerade in seiner Rede an, wie alle Teil einer Bewegung seien, um das Land zurück zu erobern. "Wir werden Amerika wieder großartig machen," sagte er. Ich prüfte nach, Trump war zufrieden.

"Sehr präsidiabel," sagte er.

Donald Trump ist ein Dilemma aufgrund der schieren Erschöpfung, die er verursacht. Tagtäglich gibt es irgendwo eine neue Fehde, eine neue Provokation, eine "unngemessene Umschreibung" oder eine "widerliche" Geschichte über ihn. Nicht lange nachem ich aus Kalifornien zurück war gab es Hinweise, dass Trumps sommerlicher Höhenflug in einen etwas herberen Herbst übergehen könnte. Seine Führung zeigte Anzeichen der Schwäche nach der letzten Debatte. Es gab leicht zusammengehene Umfragen. Er hatte über den sich nähernden Marco Rubio, der nach der Debatte bessere Umfrageergebnisse hatte gespottet, dass er neben anderen Dingen sehr viel schwitzen würe.

Doch Trump liess mir von seinen Gehilfen die neuesten "wunderbaren Umfrageergebnisse" zukommen. Ich sprach offen mit ihm, bevor er in die Sendung "The Late Show With Stephen Colbert" ging. "Wir standen wirklich gut in den Morning Consult Umfragen," erzählte er mir. "Ich nehme an du hast sie gesehen." Ich teilte Trump die Beobachtung mit, dass ich noch nie ein Kandidat begegnet bin, der mit mir so viel über Umfragen geredet hat. Er wusste genau warum. "Das ist weil sie nicht vorne liegen," sagte er. Trump verabschiedete sich mit der Hoffnung, ich würe in meinen Artikel fair bleiben und fügte hinzu, dass es ja keinen Grund gäbe warum nicht. "Ich hab nichts böses getan," erzählte er mir. "Was habe ich schlechtes getan?"

Wie antwortet man auf so eine Frage? Trump mag der mit Abstand selbstverliebteste und am wenigsten introvertierteste Person sein, die ich in oder außerhalb von Politik je in meinem Leben traf. Ich nehme an, er würde sagen das sei eine gute Qualität für einen Präsidenten. Es erspart ihm unglamouröse Dilemmas. Aber es ist unbefriedigend, möglicherweise eine Führungsgestalt zu erhalten, dessen Persona gleichzeitg so prägnant ist wie auch stumpf. Obmas politischer Diener David Axelrod hat Kampagnen immer versucht mit einem "MRT für die Seele" zu verknüpfen. Wenn das so ist, dann ist die vielleicht faszinierendste Frage für Trump nicht wo das alles enden wird, sondern was diese Reise über Donald Trumps Seele verraten wird, falls sie etwas entblösen wird. "Einige Menschen denken, das wird gut für meine Marke sein," schloss Trump in seiner Art die Sachen zu ergründen. "Ich dagegen denke es hat auf meine Marke keinen Einfluss."

Das bleibende Bild meiner Reisen mit Trump war der Abdruck auf mir, nachdem wir nach dem Dallas Auftritt in Los Angeles gelandet sind. Trump, der selbst sagt er bräuchte nur vier Stunen Schlaf, wirkte das erste Mal angeschlagen. Sein Gesicht war fahl und sein wankender Gang wure langsam, als er über die Landebahn zum Auto lief. Im letzten Moment hat einer von Trumps Assistenten mir angeboten mit Trump nach Beverly Hills zu fahren, wo er eine Villa besitzt. Ich hatte vor ein Taxi zu nehmen und war auch darauf aus alleine zu sein, um Trump nach einem 18-Stunen Tag alleine zu lassen. Aber es war nicht leicht zum Terminal zu kommen wo die Taxis standen, weswegen es einfacher war - wieder - mit Trump zu fahren.

"Sprech bitte nicht," wies mich Trump ein, als ich neben ihm in den SUV stieg. Das war mir nur recht. Keiner er fünf Mitarbeiter und Sicherheitsleute im Fahrzeug sagten ein Wort. Wir saßen auf Trumps Anweisung in Stille während einer halbstündigen Fahrt. Es war fast trösten, dass er endlich mal eine Pause von Donald der Marke machte und in meiner Gegenwart relativ "ausknipste"; dass er fähig dazu war, wie oft auch immer, in sich selbst zu gehen. Ich fragte mihc, worüber er wohl nachdachte.

Nach einigen Minuten sah ich wie Trump auf sein Telefon schute, das in sein Gesicht leuchtete. Ich prüfte auch kurz mein Telefon. "Rede in Dallas lief richtig gut," sagte es in meiner Twitterbenachrichtigung von @realDonaldTrump, der neben mir im dunkeln Twitternachrichten schrieb.


Mark Leibovich ist leitender nationaler Berichterstatter von The New York Times. Sein letztes Stück  war eine Studie über Larry King.


Im Original: Donald Trump Is Not Going Anywhere

Freitag, 19. Februar 2016

Daily Mail: Angela Merkel zeigt Zeichen einer "mentalen Krise" und "Narzismus" mit ihrer "eigensinnigen" Weigerung, die Migrationspolitik zu ändern warnt ein bekannter deutscher Psychiater



Von Sara Malm. 28. January 2016


Angela Merkel sei eine "Narzistin", deren Weigerung, die Immigration zu verringern ein Zeichen einer "mentalen Krise" sein könnte, wie ein bekannter deutscher Psychiater meint.

Die deutsche Kanzlerin wurde scharf kritisiert wegen ihrer Politik der "offenen Grenze", in deren Folge letztes Jahr 1,1 Millionen Flüchtlinge und Migranten nach Deutschland kamen.

Der deutsche Psychiater Hans-Joachim Maaz sagte in einer Analyse, dass Frau Merkel so entschlossen ist, ihren Fehler in der Migrationspolitik zuzugeben, dass sie "den Kontakt mit der Realität verloren habe".

Er beschreibt sie als typische Überstreberin ("Overachiever"), die oftmals sehr weit gehen um es anderen recht zumachen, damit sie eine Art der Anerkennung von anderen bekommen, da ihr eigenes Selbstbewusstsein zu gering ist.

Überstreber leben von Erfolg und Lob, haben Probleme, Kritik einzustecken, was laut Dr Maaz ganz auf Frau Merkel passt wie Breitbart berichtet.

Er sagt,die Entscheidung für die deutsche Grenzöffnung von Emotionen getrieben war und fügte an, dass die Lobpreisungen aus aller Welt für diese humanitäre Geste ihren Narzismus befriedigt habe.

Er sagt, es hat dazu geführt, dass sie nun an einem "künstlich aufgeblasenen Selbstbild" leide, und sich nun strikt weigert zuzugeben, dass ihre "große humanitäre Geste" eine fatale Fehlentscheidung für Deutschland war.

Dr Maaz schliesst, dass falls Frau Merkel dem Verhaltensmustern des Überstrebers weiter folgt, ein "psychologischer oder psychosomatischer Zusammenbruch naheliegt."

Deutschland Grenzpolitik hat letztes Jahr einer nie zuvor dagewesenen 1,1 Millionen Migranten und Flüchtlingen den Zutritt zum Land ermöglicht, was von von führenden Politikern als einen historischen Akt von Großzügigkeit gegenüber Flüchtlingen gewertet wurde.

Als letztes Jahr hunderttausende Migranten an den Küsten Italiens und Griechenlands in der Europäischen Union ankamen traf Deutschland eine mutige Entscheidung: Alle Flüchtlinge des Bürgerkriegs in Syrien seien wilkommen, egal von wo aus die die EU betraten.

Kanzler Angela Merkel sagte, Deutschland sei ein reiches Land, das es sich leisten könne, seinen Teil zu leisten indem es die verletzlichsten vor Krieg fliehenden Menschen aufnimmt.

"Falls Europa an der Flüchtlingsfrage scheitert.. dann ist es nicht das Europa, das wir uns wünschen," sagte Merkel im August.

Die Flüchtlinge aber waren nicht die einzigen, die ankamen. Zusätzlich zu den tausenden Familien, die aus Syrien und anderen Kriegsgebieten flohen ließ Deutschland auch hunderttausende Menschen aus anderen Ländern rein, die eigentlich keinen Anspruch auf Asyl haben.

Das Verhalten dieser Gruppen war extrem anders. Die syrischen Flüchtlinge, die ursprünglich von Merkel willkommen gehiessen wurden haben sich so weit als außerordentlich gesetzestreu erwiesen.

Laut eines Polizeiberichts von Anfang dieses Monats aus Nordrhein-Westphalen, dem Land, in dem die Stadt Köln liegt, haben im vergangenen Jahr nur 0,5 Prozent der syrischen Migranten in der Stadt ein Verbrechen verübt.

Diametral dazu haben von den Migranten aus Nordafrika an die 40 Prozent innerhalb eines Jahres ein Verbrechen verübt, wie der Report sagt.

Fast keiner der in Deutschland ankommenden Nordafrikaner hat sich als echter Flüchtling erwiesen: Letztes Jahr hat Deutschland lediglich an 0,19 Prozent der tunesischen Migranten einen Schutzstatus vergeben, an 3,74 Prozent der Marokkaner und an 1,6 Prozent der Algerier.

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Viele kommen nicht als Familien an, sondern als einzelne junge Männer, denen es nicht erlaubt ist einer legalen Arbeit nachzugehen. Etwas mehr als doppelt so viele Männer als Frauen haben letztes Jahr Asyl in Deutschland beantragt.


Im Original: Angela Merkel 'is showing signs of a mental breakdown' and 'narcissism' over her 'stubborn' refusal to reverse her migrant policy, warns celebrated German psychiatrist

The Spectator: Furzig, stinkend und verliebt in Putin? Sie müssen mittelalt sein!





Von all den Dingen, die Männer heimsuchen wenn sie die 50 erreichen, ist die Liebe zum russischen Präsidente das seltsamste. Von Rod Liddle, 20. Februar 2016


Es gibt da Dinge, die passieren wenn man älter wird - schlechte Dinge, Oben von Tod und Verderben. Also wenn man die 55 überschreitet. Ein Freund und Kolumnistenkollege etwa beichtete kürzlich, dass er beim Aufstehen aus einer Sitzposition fast immer ungwollt furzt. Eine kleines, delikates "Pfft!" kommt da aus seinem Hinterteil, und das jedes Mal wenn er sich erhebt. Ich bin ein bisschen älter als er und die Erfahrung dieses erbarmungswürdigen Schauspiels steht noch vor mir, etwas, das nur noch eine kleine Schippe an Schlechtigkeit drauflegt, wenn es bergab geht entlang der schmierigen und grimmig fröhlichen Hospizinsassen bis ins Krematorium. Ich habe mittlerweile so viel Angst davor, dass ich beim Aufstehen bewusst langsam mache und meine Arschbacken nur für den Fall der Fälle zusammendücke. Früher oder später wird es passieren, da bin ich mir sicher.

Darüber hinaus gibt es noch anderes Zeugs. Deodorant und Parfum etwa. Sie riechen nicht mehr so wie sie es taten. Heutzutage riechen fünf Minuten nach dem Auftragen sauer: Man kann einen Kackhaufen eben nicht in Gold umwandeln und noch weniger eine Leiche im Wartestand. Die Kater am Morgen danach nerven und nagen wie noch nie und ich kann auch nicht mehr die kohlenhydratreiche Proletennahrung die ich so liebe zu mir nehmen, ohne eine Magenstimmung und eine Verstopfung zu bekommen.

Dann gibt es da die Sinnlosigkeit schönen Frauen hinterher zu schauen. Oh, natürlich kann man schauen - aber sie schauen nicht mehr zurück. Einige rachsüchtige Arschlöcher haben kürzlich eine Studie durchgeführt, um herauszufinden, ab welchem Alter Männer von Frauen nicht mehr beachtet werden: Die Antwort lautet 50. Just nachdem man diesen wunderbaren Meilenstein erreicht hat sehen sie dich nicht mehr - und unsere offentlichtliche Unsichtbarkeit ist wohlbegründet. Wer die 50 passiert, der hat noch etwa neun Spermazellen in seinen Eiern übrig und die gehen alle an Krücken und keuchen nur noch in ihrer Erbärmlichkeit.

Und dann gibt es da Wladimir Putin. Von all den Dingen, die Männer treffen, wenn sie das Alter erreichen, in dem sie von Frauen nicht mehr wahrgenommen werden, ist die glühende Liebe für den russischen Präsidenten die seltsamste und ersichtlich einmaligste Sache. Ich habe aufgehört die Gelegenheiten zu zählen, bei denen ich mit jemandem in meiner Altersgruppe einen Drink zu mir nahm - egal ob männlich oder weiblich - und sie sich nicht irgendwann zu mir hingelehnt haben, sich umblickend, um sicher zu gehen dass niemand zuhört und flüsterten: "Weist du, ich echt viel übrig für Putin. Der dreht Kreise um den Westen. Man muss ihn einfach toll finden." Das ist aber kein rechtes Phänomen - ich habe es von den linksliberal-progressivsten und politisch korrktesten Universitätsprofessoren gehört, die allesamt die 50 passiert haben: Putin - leistet verdammt gute Arbeit.

Ich nehme an, er bedient ein Bild von Virilität, an die wir uns alle erinnern und in uns selbst melancholisch vermissen. Er handelt darüber hinaus altmodisch entschieden in einer Welt, die sowohl feige ist als auch voller Selbstzweifel. Und seine größere Botschaft in die Welt, an die Chinesen und Moslems, an die religiös empfindenden Menschen Osteuropas und ihren übriggebliebenen Gleichgesinnten hierzulande - es ist eine sozial irgendwie konservative in einer Zeit, in der unsere eigenen Führer von Washington DC über Brüssel bis zu den Antipoden sich schmerzhaft geradeaus mir-nichts-dir-nichts-mäßig verhalten. Wer jenseits der 50 ist, der will das halt nicht immer. Vielleicht gibt es da auch eine gewisse nostalgische Sehnsucht nach Russland als unserem wichtigsten Gegner - einem Feind, den wir kennen und der rational genug ist um mit ihm klar zu kommen, im Gegensatz zu diesen völlig hirnverbrannten kopfabhackenden Islamismusirren, die sich jenseits von Gut und Böse befinden.

Keiner der einzelnen Gründe bringen ihn mir spezifisch näher, auch wenn die Angriffe gegen Putin, in denen ihm Homophobie vorgeworfen wird in mir einen vagen Schimmer Sympathie für den Mann wecken, da bei diesen Verurteilungen meist die eigene Verlogenheit mit am Tisch sitzt. Im allgemeinen aber wirkt er
auf mich wie eine rücksichtslose und tyrannische Nervensäge (was teilweise mit Russlands tausendjähriger Geschichte erklärt werden kann mit den möglichen Ausnahmen Breschnew und Goratschow) und sexuell bei weitem seltsamer als die vorgeblich von der Norm abweichenden, die er angeblich verachten soll.

Aber es gibt ein Aspekt, in der meine Kollegen und ich voll übereinstimmen: Die Darstellung Putins im Westen und die flache parteiische Berichterstattung darüber, worauf Russland genau aus ist. Wir denken, die Europäische Union und die USA haben in der Ukraine nicht weniger gesündigt als gegen uns gesündigt wurde, als das Unterstüzt wurde, was effektiv ein Putsch war gegeneine demokratisch gewählte Regierung. Wir haben weitreichende Erinnerungen, manchmal prä-Chruschtschow Erinnerungen und fragen uns, ob Russland nicht vielleicht eine Art von legitimem Anspruch auf die Krim hat.

Und wir sehen Syrien. Gealtert und desillusioniert wundern wir uns, ob es so stimmt - wie die BBC und die westlichen Politiker beschwren - dass die russischen Raketen wahllos Zivilisten umbringen und insbesondere Kinder, während die präzisionsgesteuerten westlichen Raketen nur stark behaarte Irre umbringen, die in Luton aufgewachsen sind. Nein, wir kaufen das nicht ab. Noch sind wir überzeugt, dass die herbeigeredete syrische Rebellenarmee, die angeblich von Putin beschossen wird a) überhaupt existiert und b) falls sie das tut, sie wohl eher nicht von nennenswert mehr demokratischen Geistern beseelt ist als der Islamische Staat oder Al-Kaida.

Unsere Erinnerungen reichen auch weiter zurück wenn es um die Kurden geht - wir haben diese ohnmächtige Überzeugung, dass wir dieses Volk schon einmal im Stich gelassen haben, um eine türkische Regierung zu besänftigen, die nur dann weniger abstossend ist als Putins Regentschaft, wenn man die Augen mit beiden Händen verdeckt oder sich wegdreht. Wir, die wir beim Thema des Mitteren Ostens mit Pragmatismus und Vorsicht geboren wurden haben angesichts der facettenreichen "Frühlings"-ereignisse den Eindruck, dass Syriens Assad vielleicht furchtbar ist, aber womöglich auch merklich weniger schlimm als die wahrscheinlichen Alternativen. Kurz gesagt, wir denken, dass wir - politisch, kulturell und bauchmäßig - mehr gemeinsam haben mit einem von Putin regierten Russland, als wir es haben mit dem expansionistischen Islam. Aber vielleicht ist das alles auch nur eine Altersfrage und unsere Politiker sollten das mit uns machen, was die attraktiven Frauen auf den Strassen mit uns machen, uns einfach ignorieren.


Im Original: Farty, smelly and in love with Putin? You must be middle-aged

Donnerstag, 18. Februar 2016

The Spectator: Putin gewinnt in Syrien - aber er schafft sich damit einen neuen mächtigen Feind


 
Dieses Mal nimmt er es mit dem türkischen Präsident Erdogan auf, einem Herrscher, so rücksichtslos wie er selbst. Von Owen Matthews, 20. Februar 2016


Die russische Bombardierung der Stadt Aleppo diese Woche beinhaltete eine klare Botschaft: Wladimir Putin hat das Endspiel in Syrien voll im Griff. Moskaus Plan - im Grunde genommen bestehend aus der Wiederherstellung der Macht von seinem Verbündeten Bashar al-Assad - wird bald zur Realität werden, die der Rest der Welt akzeptieren muss. Amerika, Großbritannien und dem Rest mögen Putins Ambitionen im Mittleren Osten nicht gefallen, oder die Mittel, um sie zu verwirklichen. Aber die Vorstellung einer Unterstützung von "moderaten Oppositionellen" in Syrien hat sich als ein Phantasie entpuppt, die das Feld freimacht für Putin und Assad.

Die teilweise Waffenruhe in Syrien, die letzte Woche in München vom Amerikaner John Kerry ausgehandelt wurde, dient eigentlich nur den Eindruck für Putins Macht zu verstärken. In den Details des Vertrags werden alle Konfliktparteien zum Einstellen der Feindseeligkeiten aufgefordert, um humanitäre Hilfe in die von Rebellen gehaltene Zone kommen zu lassen, die von Regierungstruppen belagert wird. Außer Russland, dessen Pläne weiterhin im Bombardieren "terroristischer Ziele" besteht - und da Assad darauf besteht, dass alle seine Feinde "Terroristen" seien, bedeutet die Münchener Feuerpause für syrische und russische Militärflugzeuge im Endeffekt nur, dass es weitergeht wie bislang. In den letzten Tagen wurde das Médecins Sans Frontières Krankenhäuser in den von Rebellen gehaltenen Orten Idlib und Azaz bombardiert, sowie Positionen, die von der Freien Syrischen Armee gehaltenen nördlichen Vororte von Aleppo. Als Antwort auf die internationale Verurteilung dessen hat das russische Außenministerium erklärt, dass es "nach wie vor keine überzeugenden Beweise erhielt hinsichtlich ziviler Toter als Ergebnis der russischen Luftschläge".

Die Präsidenten, Putin wie Obama haben versucht, im Konflikt militärisch einzugreifen, aber die Erfolge waren alle russisch. Zwischen August 2014 und Dezember vergangenen Jahres verbuchte die US-Luftwaffe 4.669 Luftschläge, um die flüchtige "moderate Opposition" Syriens zu unterstützen und ISIS zu dezimieren. Während dies strategisch aber nur einen geringen Einfluss hatte erwies sich die russische Luftüberlegenheit als entscheidend. Seit letztem September ist eine einzige russische Bomberstaffel an die 510 Einsätze geflogen und hat damit den Verlauf des Krieges zu Assads Gunsten verändert. Russische Technik und Panzer haben der fast schon geschlagenen syrischen Armee neue Leben eingehaucht. Zum scheinbaren Schutz der Luftwaffenbasis in Khmeimim wurden dort russische T-90 Panzer stationiert, die aber an der Speerspitze gesichtet wurden bei Angriffen der syrischen Armee gegen Rebellenrückzugsorte südlich von Aleppo.

Putin versucht ebenso, die kriegführenden syrischen Fraktionen zu versöhnne. Während das Pentagon Milliarden ausgab, um eine Armee mit demokratiefreundlichen Moderaten aufzubauen, die sich am Ende als Luftnummer erwies, hat der russische Geheimdienst mit seinem syrischen Gegenpart daran gearbeitet, Rebellengruppen zu identifizeren, die eventuell bereit wären, mit Assad einen Handel einzugehen. Die Führungsschicht des syrischen Militärs wurde während des kalten Krieges weitgehend in Moskau ausgebildet. Laut eines gut informierten russischen Diplomaten hat der Kreml eine Liste mit 38 Oppositionsgruppen als potentiellen Verbündeten erstellt, um diee sie seit vergangenem Oktober auch aktiv buhlen. Die Liste umfasst angeblich den Präsidenten des syrischen Nationalrates Khaled al-Khoja, wie auch dessen drei Vorgänger - Ahmad Jarba, Ahmad Moaz al-Khatib und Hadi al-Bahra.

Während dem Winter waren einige der Rebellenführer in Moskau um die Bedingungen auszuhandeln - mit durchwachsenem Erfolg. Ende letzten Monats fiel ein russischer Versuch, mehrere syrische Oppositionsgruppen in Moskau zusammen zu bringen in sich zusammen. Brigadegeneral Manaf Tlass, ein enger Assad Verbündeter, der von 2012 von der syrischen republikanischen Garde defektiert ist hat einen 11-Punkte-Plan als "Nationales Projekt" erstellt, das eine allgemeine Feuerpause beinhaltet, gefolgt von einem gemeinsamen Angriff aller Rebellen und des Regimes gegen ISIS. Es ist ein Vorschlag, der vom russischen Außenminister Sergej Lawrow unterstützt wird und als Teil einer größeren Strategie betrachtet wird, die Russland 2005 bereits erfolgreich in Tschetschenien verfolgt hat: Alle Rebellen werden mit einem Platz am Siegertisch belohnt, wenn sie bereit sind die Seiten zu wechseln während alle anderen rücksichtslos bombardiert werden.

Russlands neue beste Freunde sind die syrischen Kurden. Zu Beginn dieses Monats hat die "Demokratische Selbstverwaltungsbehörde von Rojava" sich selbst zur neuen Regierung in den kurdisch gehaltenen Teilen Nordsyriens ernannt und seine erste Auslandsvertretung eröffnet - in Moskau. Zur selben Zeit wurden 200 russische Militärberater in die kurdisch kontrollierte Stadt Qamishli geschickt, die direkt an der türkischen Grenze liegt, um einen Militärflughafen für Russland zu sichern. Dadurch bekommt Russland eine starke Basis, von wo aus es ISIS in Norostsyrien angreifen und gleichzeitig seine neuen kurdischen Freunde von einem Angriff aus der Türkei schützen kann.

Ein erweitertes kurdisch-russisches Bündnis könnte sich für Assad als spielentscheidend erweisen - aber es erhöht ebenso das Risiko sehr stark, dass der Syrienkonflikt in einen größeren Krieg übergehen könnte. Ein Abkommen zwischen der kurdischen YPG Miliz und Damaskus würde den Nachschub für die US-gestützten demokratischen syrischen Kräfte abschneiden - einer Koalition, die Araber und Assyrer beinhaltet - und von denen einige sehr effektive Soldaten sind. Es würde ebenso die US Politik in Syrien verkomplizieren, da die Kurden seit Jahren Washingtons engste Verbündete sind.

Die Gefahr der russischen Avancen gegenüber den Kurden liegt in der Gefahr, dass es Moskau auf einen direkten Konfrontationskurs mit den Türken bringen könnte. Ankara betrachtet die syrisch-kurdische YPG als eine Filiale der türkisch-kurdischen Arbeiterpartei PKK, die seit letztem Sommer erneut mit  türkischen Staat bekriegt. Der öffentlich hart auftretende Präsident Recep Tayyip Erdoğan hat wiederholt erklärt, dass er keinen de-facto syrisch-kurdischen Staat an der Südgrenze tolerieren würde.

Vergangene Woche hat die türkische Armee - immerhin die zweitgrößte der NATO - Erdogans Worten Taten folgen lassen und YPG Stellungen über die Grenze mit Artillerie beschossen, und das angeblich zur Selbstverteidigung. Darüber hinaus sagte Erdogan kürzlich, dass die türkisch-amerikanische Pufferzone 2003 im Nordirak den Irak vor den heutigen Problemen mit ISIS bewahrte. Erdogan fügte hinzu, dass er "derzeit" keinen Bedarf sehe für eine vergleichbare Pufferzone in Nordsyrien - aber sagte auch, dass das türkische Militär die parlamentarische Rückendeckung besitzt nach Notwendigkeit eine solche zu installieren.

Viel beunruhigender als das ist, dass Putin und Assaf d.er türkischen Armee vorwarfen, über den Grenzübergang von Bab al-Salam an von Ankara unterstützte Rebellengruppen auf syrischem Boden Waffen zu liefern. Die Russen erwarten von der Türkei noch weiter zu gehen. "An einem bestimmten Punkt ist eine volle türkische Intervention unabwendbar," teilte Fydor Kukyanov letzte Woche Bloomberg mit, der Russlands Rat für Außen- und Verteidigungspolitik vorsitzt. "Es würde damit zu einem völlig neuen Konflikt, der weit größere Kräfte beinhaltet, die auf oppositioneller Seite kämpfen mit dem Risiko einer direkten türkisch-russischen Konfrontation." Die nationalistisch gesinnten Medien auf beiden Seiten fechten bereits den Krieg der Worte aus. Ein weiterer Zusammenstoss ist sehr wahrscheinlich - der etwa beginnen könnte mit einem russischen Luftangriff auf türkische Truppen, die sich in Syrien bewegen - und würde dann sehr schnell eskalieren. In diesem Fall könnte die Türkei möglicherweise Artikel fünf des NATO Vertrages aktivieren, der besagt, dass "ein bewaffneter Angriff auf ein [Mitglied] erachtet wird als ein Angriff gegen alle". Das furchtbare Ergebnis: Ein Krieg zwischen der NATO und Russland.

Zur weiteren Verkomplizierung der Situation hat Saudi Arabien letzte Woche Kampfflugzeuge in die Türkei gebracht, um Angriffe in Syrien zu fliegen - und sowohl der türkische als auch der saudische Außenminister haben darin übereingestimmt, dass die Saudischen Spezialeinheiten, die über die Türkei in den Einsatz werden möglicherweise an einer zukünftigen Operation teilnehmen werden, um Rakka von ISIS zu befreien. Saudische Truppen auf syrischem Boden aber wären ein weiteres rotes Tuch für Assads anderen Hauptverbündeten Iran - dessen Truppen seiner Revolutionsgarden bereits in Syrien kämpfen.

In seiner Rede bei der Münchner Sicherheitskonferenz hat US-Senator John McCain zutreffenderweise prognostiziert, dass Russland die momentane Waffenruhe nicht respektieren wird. "Russland baut auf seine militärische Überlegenheit, schafft neue Fakten auf dem Boden, streitet ab und nutzt die Lieferung humanitärer Hilfe als Mittel, es verhandelt an einer Lösung, um die Kriegsbeute zu sichern, und entscheidet dann, ob es weiterkämpfen will," sagte er. "Das einzige, was sich an Herrn Putins Ambitionen geändert hat ist, dass sein Appetit wächst, je mehr er isst."

Sicherlich beinhaltet Putins Plan in Syrien die Ablenkung der internationalen Aufmerksamkeit von seiner eigenen nicht abgeschlossenen Intervention in der Ukraine. Der Konflikt hat Russland einiges gekostet: Die internationalen Bankensanktionen und die fallenden Ölpreise haben die Inflation geschürt und den Wert des Rubels halbiert. Putin hat zudem Ambitionen, den Status seines Landes als Weltmacht wieder herzustellen. Und er würde seinen potentiellen Verbündeten im Mittleren Osten, wie auch der übrigen Welt gerne zeigen, dass Russland zu seinen Freunden steht. Das erste Mal seit den 1980ern ist Moskaus militärischer und diplomatischer Rückhalt wirklich etwas wert.

Putins Eingriff in Syrien ist ein rücksichtsloser Akt der geopolitischen Freibeuterei - wie auch seine Invasion in Georgien 2008 und die Annexion der Krim 2014. Aber man muss sich auch die Frage stellen: Sollte Assad am Ende gewinnen und Friede herrschen, war Putins Plan dann wirklich so schlecht? Washington und Moskau haben viele gemeinsame Ziele: Das Ende der Feindseligkeiten auf dem Boden, die Zerstörung radikalislamischer Gruppen wie ISIS oder die Al-Nusra Front, die Etablierung einer Übergangsregierung und schlussendlich freie Wahlen. Die Amerikaner wären sogar bereit eine Kernforderung der Rebellen aufzugeben - dass die Person Assad von der Macht entfernt wird. Sie stimmen darin überein, dass er wenigstens für eine Übergangszeit an der Macht bleiben könnte.

Falls Putins Gambit Frieden nach Syrien bringt, selbst einer unter Assads Bedingungen, dann könnte dies eines Tages als Erfolg verbucht werden, auch wenn es ein selbstverliebter war. Aber es ist auch Putins bislang riskantestes Manöver und es wird jede Sekunde gefährlicher. Bislang bestanden Putins Gegner aus unorganisierten Regimen der ehemaligen Sowjetrepubliken. In seinem Syrienkrieg aber hat er es zu tun mit einem Herrscher, der noch cholerischer und rücksichtsloser agiert als er selbst - Erdogan - und dem zunehmend bellizistichen Saudi Arabien. Die Aussicht auf Frieden in Syrien hängt nun von der Weisheit, der Zurückhaltung und der Gutwilligkeit von Putin und Erdogan ab: Keine allzu rosige Aussicht.


Owen Matthews ist Mitherausgeber des Newsweek Magazins und berichtet aus Istanbul.


Im Original: Putin’s winning in Syria – but making a powerful new enemy

The Spectator: Unabhängig davon, ob Großbritannien geht oder nicht muss die EU sich ändern, oder sie wird zerfallen





Die großzügige Wohlfahrtspolitik und offene Grenzen werden unabdingbar in einer hässlichen Kollision enden. 20. Februar 2016


David Camerons Versuch, die britische EU-Mitgliedschaft neu zu verhandeln war ein beeindruckendes Argument für das Verlassen der Union. Die EU ist so gestaltet, dass sich fast kein vernünftiger Vorschlag durchsetzen kann. Wenn ein Mitgliedsstaat eine gute Idee hat, dann verlangen die anderen 27 Mitglieder einen Preis für dessen Annahme, oder aber sie verlangen so lange Zugeständnisse, bis der Vorschlag komplett verwässert ist. Wenn der Regierungschef eines Landes dagegen protestiert, dann ist die Antwort eindeutig: Was werden sie schon machen? Weglaufen? Sie würden es nicht wagen.

Das Machtgebaren der EU hat einen Preis. Der Euro hat die Volkswirtschaften der Mitgliedsländer, die ihn einsetzten komplett ruiniert und die Abschaffung der Grenzkontrollen hat die Migrationskrise verschlimmert - und die darüberhinaus in großen Teilen Europas politische Krisen verursacht hat. Eine neue Bankenkrise könnte sich gerade entwickeln und all die Edikte aus Brüssel hinsichtlich der Finanzregulierungen werden nur wenig daran ändern. Was beim Treffen der EU Führungselite hätte Besorgnis auslösen müssen war nicht Großbritanniens möglicher Austritt, sondern die Frage ob die Union selbst überleben wird.

Es ist völlig typisch für die EU, dass die Treffen sich verzetteln in Details, ohne dass jemand die größeren Zusammenhänge angehen könnte. Es gab Stunden über Stunden von Verhandlungen über die Frage, wie viel Kindergeld an polnische Eltern gezahlt werden muss, die in Britannien arbeiten, deren Kinder aber zu Hause in Polen leben. Währenddessen wurden fundamentalere Themen überhaupt nicht angesprochen: Dass die großzügige westeuropäische Wohlfahrtspolitik niemals kompatibel sein wird mit der Massenmigration, ob diese von außerhalb oder innerhalb der EU kommt. Cameron sieht dieses Problem und bot eine Lösung an: Einwanderer sollten vier Jahre lang keine Transfers erhalten dürfen.

Wie der Ministerpräsident anmerkt ist es eine Sache für eine Erkundungsgesellschaft wie das Amerika des 19. Jahrhunderts große Zahlen an Migranten aufzunehmen. Die Amerikaner hatten keinen Sozialstaat und dafür einen ausgesprochen starken Appetit nach Arbeitskräften. Die Situation ist aber eine völlig andere, wenn es um einen Kontinent geht, wo sich die Wirtschaftspolitik eher darum dreht, Arbeitsplätze zu schützen als neue zu schaffen, und wo es Regierungen gibt, die sich einer Sozialpolitik verschrieben haben, die umfangreiche Leistungen an die Armen beinhaltet. Wie man in Schweden und Deutschland sieht endet die Kombination aus einer großzügigen Wohlfahrtspolitik und offenen Grenze unabdingbar in einer hässlichen Kollision. Wer eine von-der-Krippe-bis-zur-Bahre Sicherheit bietet und gleichzeitig die ganze Welt einlädt, der darf nicht überrascht sein, wenn die ganze Welt auftaucht und den Kassenstand schneller sinken lässt, als die Steuerzahler ihn wieder heben können.

David Camerons ursprünglicher Vorschlag beinhaltete eine wichtige Botschaft: Kommt nach Großbritannien zum arbeiten, aber erwartet nicht, die selben Sozialleistungen zu erhaten, bis ihr mehrere Jahre lang zum Steuersystem beigetragen habt. Es ist eine Vorlage, wie sie die EU übernehmen sollte. Auf diese Weise kann die Begungsfreiheit mit den Sozialsystemen in Einklang gebracht werden: Man muss Neuankömmlingen den Zugriff erschweren. Die Unfähigkeit der EU, so etwas anzuerkennen zeigt, dass sie strukturell unfähig ist, auf neue Probleme wie etwa die Migrationskrise zu reagieren.

Großbritannien war ein ausgesprochener Verteiliger der "vier Freiheiten", für die die EU zu stehen behauptet: Freier Verkehr für Waren, Dienstleistungen, Arbeitern und Kapital. Das Problem besteht darin, dass die EU selbst dem Freihandel skeptisch gegenübersteht und eine moralisch nicht zu verteidigende Politik des Protektionismus bevorzugt. Fast 60 Jahre nachdem die Europäische Montanunion gegründet wurde und mehr als 20 Jahre nach der Ausrufung des "Binnenmarktes" hat die EU nur wenige Fortschritte erzielt beim Öffnen des grenzüberschreitenden Handels bei Dienstleistungen wie dem Bankengeschäft oder Versicherungen. Für eine Volkswirtschaft wie dir britische, die stark zentriert ist auf Dienstleistungen ist dies ein starkes Hemmnis.

Ebenso wenig war die EU auch nur teilweise erfolgreich beim Öffnen seiner Märkte zum Rest der Welt. Es gibt beispielsweise noch immer keinen Handelsvertrag mit Japan. Von der "Drin" Kampagne wird uns wieder und wieder erzählt, dass wir in der EU bleiben müssen, damit wir mehr Gewicht bekommen, wenn es um das Aushandeln internationaler Handelsverträge geht. Doch die unabhängige Schweiz hat es geschafft, einen Vertrag mit Japan abzuschliessen. Waum kann die EU das nicht auch?

Das größte Problem der US besteht im Mangel an Nachhaltigkeit seiner Wirtschafts- und Sozialpolitik. Es ist lächerlich, dass Steuerzahler Landwirte quersubventionieren müssen, auch wenn sie nur wenige Nahrungsmittel produzieren. Der Euro wurde fürs erste halbwegs gesund gepäppelt, aber der Versuch, eine Einheitswährung und einen Einheitszins in vielen sehr unterschiedliche Ländern zu installieren wird uns bald wieder einholen. Was die Migration betrifft, so sollte man die Luftschlösser ignorieren - man schaue sich nur mal an was die Mitgliedsländer machen: Sie bauen Zäune, um die Kosten der offenen Grenzen zu begrenzen.

David Cameron hat uns einen fundamentalen Wandel in Großbritanniens Beziehungen zur EU versprochen. Einige hoffen, er wäre fähig die EU selbst in einen Binnenmarkt für Freihandel umzuwandeln, was schon längst hätte passieren sollen. Die Ereignisse der letzten paar Wochen und Monaten aber haben es deutlich gezeigt, eine fundamentale Reform ist nicht zu machen. EU hat wieder einmal Großbritannien frustriert.

Viele in Brüssel wird genau das gefallen. Einige werden sich vielleicht sogar zuprosten im Fall unseres Austritt. Doch früher oder später wird der Tag kommen, wenn die EU dazu gezwungen sein wird sich entlang der beschrieben Krisenpunkte neuzuerfinden, oder aber sie wird nicht überleben.


Im Original: Whether or not Britain leaves, the EU must change or fall apart

Mittwoch, 17. Februar 2016

The American Spectator: Kampange 2016 - Niemand interessiert sich für den Klimawandel





Außer Tom Steyer und sein sperrangelweit offener Geldbeutel. Von Marita Noon, 17. Februar 2016


Aus Frustration, dass sich niemand für den Klimawandel zu interessieren scheint, hat "der größte politische Einzelspender des 2014er Wahlzirkus" noch mehr für 2016 versprochen. Tom Steyer gab fast 75 Millionen Dollar 2014 für die Zwischenwahlenaus, wie Politico berichtet. Er beabsichtigt nun, seinen "Geldbeutel noch viel weiter zu öffnen".

Aber was bekommt er nur für seine Millionen in diesen "entscheidenden Wahlen"? Schaut man in die Vergangenheit, nicht viel.

2014 hat sich seine "NextGen Climate Action Group" auf sieben Wahlen konzentriert. Nur drei gingen so aus wie er wollte, also für die Demokraten.

In Iowa hat die Gruppe "in Werbeplakate, TV und Radiowerbung investiert wie auch in Zeitungen und im Internet Annoncen geschaltet, um die Republikaner anzugreifen und "damit in Debatten mehr über das Thema geredet wird." Laut Politico hat NextGen "versucht, die Iowaner zu überzeugen einen Kandidaten auszuwählen basierend auf dessen Pläne für die Energieversorgung." Sie "indentifizierten über 42.000 Wähler im Bundesstaat, die den Klimawandel als Top-Priorität bei der Wahlentscheidung betrachteten [..] über 1.500 davon waren registrierte Republikaner." Mit 357.983 Menschen, die an den Vorwahlen in Iowa teilnahmen haben Steyers Anstrengungen gerade einmal 11,7 Prozent der Wähler erreicht und weniger als ein Prozent der Republikaner.


Steyers Millionen wurden dafür ausgegeben, damit die Leute basierend auf "Plänen zur Energieversorgung" wählen würden. Aber nur die Pläne eines Kandidaten wurden von den Medien aufgegriffen: Ted Cruz Ablehnung des Renewable Fuel Standard ("Erneuerbaren Spritstandard"), auch bekannt als Ethanolinitiative. Er gewann die republikanische Vorwahl noch vor Donald Trump, der einer mächtigen Lobbygruppe relativ stark nachgab: "America’s Renewable Future" ("Amerikas Erneuerbare Zukunft"). Seitdem hat Archer Daniels Midland, der größte Produznt von Ethanol sein Engagement zurückgefahren, da sich laut Financial Times "die Aussichten der Industrie verändert haben".

Vielleicht muss auch Steyer noch begreifen, dass sich die Aussichten verändert haben.

Am 11. Februar hat Politico eine Umfrage veröffentlicht, mit "überparteilichen Befragten" wie behauptet wird, bestehend aus "republikanischen wie demokratishen Insidern, [..] Aktivisten, Strategen und Manager in den vier Bundesstaaten mit frühen Vorwahlen", die ihre Antworten anonym gaben. Die Ergebnisse? Wie ein Republikaner aus South Carolina (SC) meinte: "Der Klimawandel ist ganz einfach kein brennendes Thema für die meisten Leute." Ein Demokrat aus Nevada stimmte zu: "Ich glaube nicht, dass es für allzu viele Wähler ein entscheidendes Thema ist, verglichen mit der Wirtschaft und Sicherheitsthemen."

Ein SC Republikaner sagte, dass "kein Wechselwähler aus der Arbeiterschicht" jemals sagte: "Ich mag ihre Ideen für den Arbeitsmarkt wirklich sehr, aber mein Gott, ich fühle mich gar nicht gut bei ihrer Position zum Klimawandel." Insgesamt halten es die Republikaner für unwahrscheinlich, dass ihre Opposition gegen die gegenwärtige Politik, um den Klimawandel anzugehen ihren Kandidaten schaden wird. Das Thema kam in der kürzlichen republikanischen Debatte in SC nicht auf.

Steyer dagegen meint, dass beim Thema Klimawandel, "die beiden Parteien nicht weiter von einander entfernt sein könnten." Nur, die "Insider"-Umfrage kam zum Schluss, dass selbst die Demokraten bei dem Thema gespalten sind. Auf die Frage ob sie denken, dass "die Verneinung eines menschengemachten Klimawandels ihre Wahlchancen bei der Wahl beeinträchtigen würde", meinten einige, dem wäre so, aber andere "meinten, der Klimawandel spielt für Wähler keine große Rolle." Ein SC Demokrat wies darauf hin: "Das Übermaß an billiger Energie lässt grüne Technologien zu einem weniger wichigen Thema für den Kongress, für Investoren und die öffentliche Meinung werden."

Auch wenn wir weit weg sind von den Zeiten "drill, baby drill,” ("Bohrt, Leute, bohrt", Zitat Sarah Palin, d.R.), wenn es um die Erhöhung der Produktion geht, sollte die Entwicklung derjenigen Republikaner, die für den Ausbau der Erneuerbaren sind, unabhängig sein von "Preisfluktuationen". Ein SC Republikaner stellte fest: "Die meisten Republikaner sehen das Thema durch die Linse der nationalen Sicherheit. Niedrige Preise mögen die Dringlichkeit verringern, aber die GOP Wähler wollen das Land nach wie vor unabhängig von Energieimporten sehen."

Am 12. Februar hielt Politico eine Zusammenkunft ab namens "Energieabstimmung South Carolina", in der mehrere der SC "Insider" teilnahmen und wo der Gastgeber meinte, es gäbe "einflussreiche Stimmen", die "tiefe Einblicke in das anbieten, was im Hintergrund geschieht".

Dort hat Mike McKenna, ein Berater mit einem breiten Spektrum von politischen und privatwirtschaftlichen Klienten mit Kontakt zu Regierungen, Umfrageinstituten, Marketing, PR-Agenturen und Kommunikationsstrategien, der auch als Außenbeziehungsexerte im US-Energieministerium gearbeitet hat, erklärt: "Energie ist ein sekundäres Thema. Klimawandel ist ein tertiäres Thema. Niemand interessiert es. Es kommt immer ganz am Ende."

Die Klimawandelagenda war die teuerste und intensivste PR-Kampagne in der Weltgeschichte. Gallup hat 25 Jahre lang Umfragen zum Thema durchgeführt. Trotz dieser Herkulesbemühungen sind heute weniger Menschen über den Klimawandel besorgt als vor 25 Jahren. Das Pew Research Center hat wiederholt herausgefunden, dass wenn man den Leuten eine Liste mit öffentlichen Problemen gibt, dann enden Arbeit und Wirtschaft immer ganz oben und der Klimawandel immer ganz unten. Eine Umfrage kurz vor der Klimakonferenz in Paris ergab, dass lediglich 3 Prozent der Amerikaner den Klimawandel für das drängendste Poblem Amerikas halten.

Selbst die Demokratin Jane Kleeb, eine dezidierte Gegnerin der Keystone Pipeline gab zu, dass der Klimawandel als Thema niemanden hinter dem Ofen hervor lockt.

David Wilkens, ehemaliger US-Botschafter in Kanada und der an Theman rund um Energie, nationale Sicherheit und der Umwelt gearbeitet hat sagte, dass die Wähler "es nicht zulassen werden, dass die Umwelt über die Wirtschaft siegt". Er glaubt, es werde eine Neuausschreibung für die Keystone Pipeline geben, die letztlich auch gebaut wird. Ein anderer Insider, die Demokratin Ines Tennenbaum widersprach dem und sagte: "Die Leute wollen nicht mehr abhängig von Energie sein." Worauf Wilkins witzelte: "Umso mehr ein Grund, das Öl von unseren Freunden zu bekommen."

Wenn es um Energie geht gibt es klare Unterschiede zwischen den Parteien, aber seltsamerweise stimmen beide darin überein, dass der Klimawandel "kein bedeutendes Thama für Wähler" sei.

Aber bitte nicht an Steyer verraten - oder Senator Bernie Sanders. Steyer hat Sanders für seine öffentlichen Positionen beim Klimawandelthema gelobt und gemeint, er komme "wiederholt" darauf zu sprechen und nenne es "nationales Sicherheitsproblem" und "Nummer eins Problem für Amerikaner" - auch wenn die Umfragen etwas anderes sagen.

Und als wollte er Steyer als Sprachrohr dienen erklärte Sanders in seiner Siegesansprache in New Hampshire: "Wir werden nicht erlauben, dass eine Partei ins Weiße Haus einzieht [..] die nicht einmal die wissenschaftliche Realität des Klimawandels anerkennen kann." Er fuhr fort: "Die Debatte ist vorbei. Der Klimawandel ist real. Es wird von menschlicher Aktivität ausgelöst und ist ganz klar für verheerende Probleme in diesem Land und weltweit verantwortlich. Wir haben die moralische Verantwortung, mit Ländern aus aller Welt zusammen zu arbeiten, um unser Energiesystem umzustellen weg von fossilen Energieträgern und hin zu effizienter und nachhaltiger Energie."

Da sich niemand in der Präsidentschaftswahlkampagne 2016 für den Klimawandel interessiert, außer Sanders und der einflussreiche Demokratensponsor und Milliardär Steyer (der bereit ist, von seiner Klimaanwaltschaft finanziell zu profitieren), kann man leider leicht erraten, wohin ein dicker Brocken seiner Millionen gehen wird. Sanders wird nicht länger fähig sein zu behaupten, alle seine Spenden seien Kleinbeträge.


Im Original: Campaign 2016: Nobody Cares About Climate Change

The Inquirer: Krisen treffen die Europäische Union - Was ist los?





Von Agence France-Presse, 17. Februar 2016


Die Europäische Union wird von einem perfekten Krisensturm heimgesucht der droht, den friedlichen und wohlhabenden Block aus 28 Ländern, der aus der Asche des zweiten Weltkrieges empor stieg, auseinander zu reißen.

Die EU muss sich nicht nur mit dem britischen Ausstieg (Brexit) auseinandersetzen, sondern auch mit einem nie zuvor erlebten Migrantenanstrum, den weitergehenden Schäden durch die Schuldenkrise und einer Reihe von Sicherheitsbedrohungen, die sowohl einheimisch sind wie auch von außen hereingetragen.


Der Brexit

Großbritanniens möglicher Austritt aus dem Block ist möglicherweise das größte potentielle Risiko. Ministerpräsident David Cameron fordert von seinen Partnern kontroverse Reformen, um im Gegenzug die Briten überzeugen zu können beim wahrscheinlichen Referendum im Juni für den Verbleib im Block zu stimmen.

Der Europäische Ratspräsident Donald Tusk, der von Dienstag an dem zwei Tage dauernde Treffen der EU Führer in Brüssel vorsitzen wird ist durch die Europäischen Hauptstädte gereist, um eine Abmachung zu erreichen, die von den Mitgliedsländern unterstützt wird.

Die Ablehnung der britischen Forderung bleibt aber stark.

Ein Schlüsselproblem ist die "Notbremse", die es Großbritannien erlauben würde, Sozialhilfezahlungen für bis zu vier Jahre zu begrenzen für Arbeiter aus EU-Ländern, die in Großbritannien leben.

Mittel- und Osteuropäische Länder wie Polen und Rumänien beschweren sich über den Plan, der er ein große Zahl von ihren Bürgern diskriminieren würde, die in Großbritannien arbeiten, und da es eines der Kernprinzipien der EU für Bewegungsfreiheit einschränken würde.

Andere wie Frankreich sind währenddessen gegen Camerons Forderung, dass das Nicht-Euro Land Großbritannien spezielle Sonderregelungen für seinen lukrativen Finanzsektor in der City von London verlangt, die nicht für die 19 Länder gelten, die in der Einheitswährung mehr aufeinander achten müssen. Paris hat sehr deutlich gemacht, dass es völlig gegen alles ist, was es London ermöglichen würde gegen Entscheidungen im Euro Währungsraum zu intervenieren.


Die Migrantenkrise

Die EU Mitgliedsländer sind scharf getrennt in der Frage, wie mit der größten Massenbewegung von Flüchtlingen und Migranten seit dem zweiten Weltkrieg umzugehen ist, nachdem vergangenes Jahr mehr als eine Million Menschen in den Block eingedrungen sind, die zumeist aus Syrien oder anderen kriegsgeplagten Ländern kamen.

Der Druck drängt die Mitgliedsländer dazu, Zäume zu bauen, oder die Landesgrenzen wieder zu kontrollieren, was den passfreien Verkehr zwischen den Mitgliedern des Schengenabkommens bedroht, einem Meilenstein der Europäischen Freiheits- und Einheitsbemühungen.

Das von der EU verfolgte Prinzip der Solidarität hat so weit versagt, dass selbst der Vorschlag der Europäischen Kommission gescheitert ist, wonach zwischen den Mitgliedsstaaten 160.000 Asylsuchende aus den Frontstaaten Griechenland und Italien umverteilt werden sollten.

Die Osteuropäischen Länder gehören zu den heftigsten Gegnern des Planes und drängen nun dazu, die EU Außengrenzen etwa in Griechenland zu verstärken, von wo aus die meisten Migranten nach Europa kommen.


Die Schuldenkrise des Europäischen Währungsraumes

Die Schuldenkrise, die ihren Höhepunkt 2012 hatte, hat mehrere südliche Mitgliedsländer, insbesondere Griecheland, in einem verheerendem wirtschaftlichen Zustand hinterlassen, der noch verschärft wird durch die Migrantenkrise, da diese von dort aus nach Europa kommen.

Während das schuldenbeladene Griecheland schlussendlich im Juli nach monatelangen schlechtgelaunten Verhandlungen noch ein drittes, rießiges Geldpaket bekam, sagen Analysten, dass viele der Probleme, die der Währung zugrundeliegen nach wie vor bestehen.

Griechlands kollosale Schulden sind wahrscheinlich nicht tragbar, wie Analystem meinen, aber die Reduktion gestaltet sich sehr schwierig, da die Schuldner mehr schmerzhafte Reformen verlangen, bevor sie Athen weitere Zugeständnisse machen.

Portugal bekam 2011 umfangreiche internationale Finanzhilfen, das es vor der Insolvenz bewahrte, aber im Gegenzug musste das Land umfangreiche unbeliebte Austeritätsmaßnahmen ergreifen, die nun von den Wählern abgelehnt wurden.

Viele andere Länder des Euroraumes haben ebenso gelitten, da ihre Staatschulden fast überall stark in die Höhe gegangen sind.

Aktuelle Anzeichen deuten auf ein schwache Wirtschaft im Währungsraum hin, die von den Unruhen an den Weltmärkten herkommen und den Sorgen über die Aussichten für China, die sich gerade verdunkeln.


Sicherheitsbedrohungen

Von der russischen Invasion in der Ukraine, über die Ausbreitung des Islamischen Staates an der südlichen und östlichen Peripherie des Kontinents bis zu Terroranschlägen in den Hauptstädten wird die EU bedroht von einer ernstzunehmenden Serie von Sicherheitsgefahren.

Polen und die kleinen baltischen Länder der EU ängstigen sich von Russland und wollen eine Rückversicherung gegen die Dominanz der Sowjetära, da es in der Ukraine bislang keine Zeichen eines belastbaren Friedens gibt.

Zusammenstöse zwischen pro-russischen Separatisten und den Regierungskräften in der Ostukraine haben seit April 2014 bereits 9.000 Menschen das Leben gekostet.

Die EU versucht derweil, die Anstrengungen um den scheinbar nie endenden Krieg in Syrien zu verstärken, sowie für das Erschaffen einer nationalen Einheitsregierung in Lybien, wo ISIS-Dschihadisten kürzlich viel Boden gewonnen haben.

Der IS erklärte sich verantwortlich für die Anschläge am 13. November in Paris, als 130 Menschen getötet und hunderte weitere verletzt wurden.

Die EU steht hinter den Anstrengungen der Mitgliedsländer, die Sicherheit zu vertärken und den Fluss von geschätzt 5.000 Europäern zu sabotieren, die sich bislang die Dschihadistengruppen in Syrien und dem Irak angeschlossen haben, und von denen einige nach Europa zurückkehrten, um hier Anschläge zu verüben.


Im Original: Crises rock European Union: What’s going on?

The Telegraph: Der deutsche "Bail-In" Plan für Staatsanleihen könnte den Euro sprengen



"Wäre ich Politiker in Italien, ich würde meine eigene Währung so schnell wie möglich zurück wollen: Es ist der einzige Weg, um nicht bankrott zu gehen," meint ein deutscher Wirtschaftsweiser. Von Ambrose Evans-Pritchard, 15 Februar 2016


Ein neuer deutscher Plan, einen "Haircuts" auf Eigner von Anleihen aus der Euroraum riskiert, eine nicht aufhaltbare Anleihenkrise zu verursachen und könnte Italien und Spanien dazu zwingen zu ihren eigenen Währungen zurück zu kehren, wie ein Spitzenberater der deutschen Regierung warnt.

"Es wäre der schnellste Weg, die Euroraum aufzubrechen," sagte Professor Peter Bofinger, einer der fünf "Wirtschaftsweisen" im deutschen Rat der Wirtschaftsweisen.

"Ein Spekulationsangriff käme dann sehr schnell. Wäre ich Politiker in Italien und konfrontiert mit dieser Art von Insolvenzrisiko, ich würde so schnwll wie möglich zurück zu meiner eigenen Währung wollen, weil es die einzige Möglichkeit ist, nicht bankrott zu gehen," erzählte er The Telegraph.

Der Rat rief dazu auf, einen "Insolvenzmechanismus" zu installieren, auch wenn dies die finanziellen Prinzipien der europäischen Nachkriegsordnung umdreht, erachtet ein solches Vorgehen aber als notwendig, um die Glaubwürdigkeit der "No-Bailout" Klausel im Maastricht Vertrag wieder herzustellen. Professor Bofinger wandte sich strikt gegen diesen Vorschlag.

Der Plan wurde von der Bundesbank gestützt und neuerdings auch vom deutschen Finanzminister Wolfgang Schäuble, der in der Euroraun üblicherweise seinen Willen erfolgreich durchsetzt. Derzeit werden in den wichtigsten Europäischen Hauptstädten sensible Gespräche geführt, die Rom, Madrid und Lissabon die Angst umgehen lassen.

In einem Modell würden Anleihenhalter zukünftig in allen Anleihekrisen Verluste einfahren müssen, bevor es einen Bail-Out durch den Fond der Euroraum (ESM) gibt. "Als würde man um Ärger bitten," sagte Lorenzo Codagno, ehemaliger Volkswirt im italienischen Finanzministerium und nun arbeitend für LC Macro Advisors.

Dieser Bail-In entsoräche der Bain-In Regel für Bankenanleihenhalter, die im Januar eingeführt wurde und bereits zu drastischen Verkäufen von Bankaktien im Euroraum gesorgt.

Professor Bofinger schrieb eine separate Meinung, worin er warnt, der Plan könnte zu schnell zur selbsterfüllenden Prophezeihung werden und einen "Bond Run" (Anleiheausverkauf) auslösen, wenn Investoren ihre Portfolios ausräumen, um einem Haircut zu entgehen.

Italien, Portugal und Spanien wären machtlos, wenn es um die Verteidigung ihrer Position geht, da sie über keine monetäre Souveränität verfügen. "Diese Länder riskieren es, von der gefährlichen Macht der Krise voll getroffen zu werden," sagte er.

Der Rat der Wirtschaftsweisen sagt, er erste Schritt bestünde in einer höheren "Risikogewichtung" für Staatsanleihen, die von Banken gehalten werden, sowie einer Begrenzung dafür, wie viele sie kaufen könnten mit dem expliziten Ziel, die Banken zur Deinvestition von 604 Milliarden Euro zu bewegen. Sie müssten 35 Milliarden Euro frisches Kapital aufnehmen, was insgesamt "handhabbar" sei.

Dies ist ein neuralgischer Punkt in Italien, wo die Banken 400 Milliarden Euro in Staatsanleihen halten und wo sie ganz offen die günstigen Konditionen der EZB genutzt habeb, um das italienischen Finanzministerium zu stützen.

EZB Präsident Mario Draghi wich einer Frage zu diesem Thema aus, die ihm am Montag von einem italienischen EU-Parlamentsmitglied gestellt wurde. "Dies ist eine Angelegenheit, mit der wir uns noch auseinandersetzen müssen. Aber wir müssen sehr vorsichtig und in kleinen Schritten vorgehen," sagte er.

Der Vorschlag ist ein Himmelfahrtskommando, da sich Portugal bereits im Auge des Sturmes befindet mit einer kontrahierenden Wirtschaft und einem Disput mit Brüssel hinsichtlich der Austerität.

Die Risikospreizung von Portugals 10-Jahresanleihen lag vergangene Woche bei 4,1 Prozent relativ zu deutschen Bundesanleihen, wodurch die Kreditaufnahme in realen Werten kaum mehr tragbar ist. Portugals öffentliches Defizit liegt bei 132 Prozent des BIP pro Kopf. Die totale Schuldenquote liegen bei 341 Prozent, den höchsten Europas. Das Land befindet sich in einer Schuldendeflationsfalle und benötigt Jahre mit hohen Wachstumsraten um dem zu entkommen.

"Portugal steht kurz davor, den Marktzugang zu verlieren," sagte Mark Dowding, einem Bondmanager bei Blue Bay. "Wir sahen sehr letzte Woche hässliche Bedingungen und wichtige US Manager, die in Portugal investiert waren haben versucht ihre Positionen zu aufzugeben. Geht der gegenwärtige Rückzug so weiter wird sich ein perfekter Sturm entfalten."

Herr Downing sagte, die Rettung für Portugal ist, dass es bereits den größten Teil des Bedarfs für 2016 gedeckt hat und sich daher eine Weile dem Sturm entziehen kann. Falls die Krise aber andauert, dann könnte es sein, dass die Troika in Portugal ein weiteres Mal eingreifen muss - bei ungewissen Bedingungen für private Anleihenhalter. Als Portugal 2010 vom Bankrott gerettet wurde gab es keinen Haircut auf Staatsanleihen.

Der Rat der Wirtschaftsweisen sagt, die "regulativen Privilegien" der Staatsanleihen, die von den Banken gehalten werden sollten nach und nach aus ihren Büchern verschwinden. Sie sollten nicht länger als "völlig sicher und liquide" eingestuft werden, wenn es um die Sicherheiten von Banken geht, oder aber von den Kapitaleinlagen ausgeschlossen werden. "Denn dies sind die größten Risiken für Banken in Griechenland, Portugal, Spanien, Irland und Italien," so der Rat.

Theoretisch besteht das Ziel darin, die "die Zahl der von Banken gehaltenen Staatsanleihen zu reduzieren", indem sie in zwei Teile geteilt werden, damit die Anleihenkrise der Staaten nicht übergreift auf die nationalen Bankensysteme.

Professor bofinger sagte, das wahre Problem bestünde darin, dass Deutschland und die Schuldnerstaaten des Euroraumes nicht akzeptieren wollen, was eine Währungsunion ausmacht: Dass auf einer gewissen Ebene die Schulden geteilt werden und eine Fiskalunion unabdingbar bestehen müssen, um das ganze Experiment vom Auseinanderbrechen abzuhalten.

Er beschrieb den ganzen Vorschlag eines geregelten Staatsinsolvenzplanes als falschen Weg, um das Mantra zu wiederholen, dass der Kern der Krise nicht im finanziellen Missmanagement der Regierungen lag. In Wahrheit (mit der Ausnahme von Griechenland) explodierten die öffentlichen Schulden, weil die Länder Notfallmaßnahmen ergreifen mussten, um ihre Volkswirtschaften vom Zusammenbruch zu bewahren.

Außerdem würde der Plan Privatinvestoren ermächtigen, als Richter und Geschworene über die Solvenz von Staaten zu entscheiden. "Wir dürfen nicht in ein Regime verfallen, in dem die Märkte die Herren über die Regierungen sind," sagte er.

Der Rat ist da sehr stur. Gespräche über ein EU-Finanzministerium oder geteilte fiskale Autorität lehnt er strikt ab. Der einzige Weg, die Währungsunion zu erhalten ist die Einführung von strikten Kontrollen und - wie er meint - die "Rückkehr zu den bestehenden Regeln".


Im Original: German 'bail-in' plan for government bonds risks blowing up the euro