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Mittwoch, 3. Februar 2016

The Spectator: Die Türkei entwickelt sich zu einem paranoiden Einparteienstaat



Präsident Erdogans zunehmend tyrannisches Regime unterdrückt die Wahrheit über den Krieg mit den Kurden. Von John Butler, 30. Januar 2016


Die Türkei verliert immer sein demokratisches Gesicht und wird dafür immer mehr zu einem paranoidem Einparteienstaat. Wer das nicht glaubt, der soll sich ansehen was mit denjenigen passiert, die die Aufmerksamkeit auf die Fehler und Verbrechen der Regierung lenken. Die Redaktion der Cumhuriet, eines mitte-linken Magazins, schreiben ihre Leitartikel seit November aus dem Gefängnis. Ein Bericht, der von der Journalistengesellschaft in Izmir herausgebracht wurde behauptet, dass 31 Journalisten im Gefängnis säßen während 234 in einer juristischen Hängepartie auf ihren Prozess warten. Während des vergangenen Jahres, wird erwähnt, wurden 15 TV-Kanäle geschlossen und 56 Journalisten die Akkreditierung versagt.

Kürzlich hat eine Frau, die sich selbst als Lehrerin bezeichnet hat in einer populäre TV-Talksendung angerufen und den Gastgeber Beyazıt Öztürk gefragt, ober ihm die schrecklichen Gewalttaten in den kurdischen Gebieten im Süden und Südosten der Türkei bewusst seien. "Bitte, lassen sie die Leute nicht sterben, lassen sie die Kinder nicht sterben, lassen sie die Mütter nicht weinen," flehte sie.

Am nächsten Tag musste der Sender - als Teil einer Sendegruppe unter immensem Druck durch die türkische Regierung - eine unterwürfige Entschuldigung veröffentlichen für die Veröffentlichung deses Hilfeschreis. "Dogan TV und Channel D haben vom ersten bis zum heutigen Tag an der Seite des Staates gestanden," hieß es. Öztürk lieferte sogar eine persönliche Entschuldigung in der Hauptnachrichtensendung. Aber das war nicht genug. Nun wird gegen ihn ermittelt aufgrund von "Propaganda für eine terroristische Organisation" und es ist unklar, ob seine Sendung fortgeführt wird.

Es sind auch nicht nur die Journalisten: Eine Geschäftsgruppe namens Koza Ipek wurde unter staatliche Aufsicht gestellt und ihre Medienanteile abgetrennt aufgrund von "Terrorfinanzierung" durch eine zu starke Nähe zu einer der politischen Rivalen der Regierung.

Warum müssen Präsident Recep Tayyip Erdogan und die politische Partei für Gerechtigkeit und Entwicklung (AK Partei), die er mitgründete die Redefreiheit unterdrücken? Die AKP wurde in der zweiten Wahl im vergangenen Jahr mit 49,5 Prozent in die alleinige Regierungsherrschaft zurückgebracht. Dies ist eine Position, in der sie mit der Türkei fast alles machen können, was sie wollen. Doch ihnen fehlt die absolute Mehrheit für Verfassungsänderungen. Das ist problematisch, da Erdogan mittlerweile dafür wirbt, die Position des Ministerpräsidenten abzuschaffen und die Macht des Präsidenten zu konsolidieren - eine Forderung, die er kürzlich und hinterher bedauernd mit Hitlerdeutschland verglich.

Der AKP fehlen noch immer 13 Sitze im Parlament, um ein Referendum durchzuführen und die drei Oppositionsparteien im Parlament haben alle genug von der AKP Macht gespürt, um zu wissen, dass es nicht in ihrem Interesse wäre, einen Deal einzugehen. Um Erdogans Wunsch zu erfüllen muss die AKP nun die HDP (Demokratische Volkspartei) - eine Koalition kurdischer und linker Gruppen mit 59 Parlamentariern - aus dem Parlament kegeln und das bedeutet, den Narrativ über den Krieg im Südosten der Türkei zu kontrollieren.

Bislang scheint die Regierung erfolgreich damit zu sein, den normalen Türken vorzuschreiben, wie die Gewalt zwischen der Staatsmacht und den lose mit der HDP verbundenen PKK (Kurdische Arbeiterpartei) zu interpretieren ist, die im Juli wieder ausgebrochen ist nach Jahren voller Friedensgespräche. Jene, welche die Fakten herausfinden wollen, müssen oft zwischen sehr unzuverlässigen türkischen Pro-Regierungsnachrichten wählen und ähnlich unzuverlässigen, aber weniger zugänglichen Berichten von der Presse der Kurdenbewegung. Vermutlich werden die vertrauenswürdigsten Zahlen von der Menschenrechtsstiftung der Türkei herausgegeben, die besagen, dass 1,37 Millionen Menschen von der rund um die Uhr Sperrstunde betroffen sind, die ausgerufen wurde als die Gewalt wieder ausbrach und bei denen bislang 162 Zivilisten in fünf Monaten getötet wurden.

Erdogan besteht nun darauf, dass die Türkei nie wieder Gespräche mit einer der Fraktionen der kurdischen Separatistenbewegung führt. "Diese Arbeit ist beendet" meinte er. Ministerpräsident Ahmet Davutoglu erzählte unterdessen einer Menschenmenge außerhalb des AKP Hauptquartiers, dass die PKK "versucht, junge Menschen zu Feinden der Schule zu machen, zu Feinden der Moscheen und des (heiligen) Buches... Wir sehen uns konfrontiert mit einer barbarischen Organisation."

Doch die AKP ist ambivalent, wenn es darum geht mit einer augenscheinlich barbarischeren Bewegung umzugehen. Die Regierung verhaftet in einer Laune kurdische oder kurdisch-sympathisierende Politiker, weil sie "Terrorsympathisanten" seien, aber sie sind auch seltsam tolerant, wenn es um die tatsächlichen islamistischen Terroristen geht. Im Nachhall eines Isis Selbstmordanschlags in Ankara vergangenen Oktober beispielsweise forderte Davutoglu Zurückhaltung: "Wenn es irgendwo Schläferzellen gibt, dann kann man sie nicht einfach alle ausräuchern und sie irgendwo einbuchten in der Hoffnung es wird von niemandem bemerkt. Wir müssen uns an das Recht halten."

Wenige AKP Unterstützer sehnen sich nach dem Isis Lebensgefühl. Viele in der Parteihierarchie gehören zu vom Sufismus beeinflussten Sekten, die ihnen die Todesstrafe einbringen würde. Die AKP selbst kann die Attentate kaum ignorieren, die vergangenes Jahr in Diyarbakir, Suruc und Ankara stattfanden - oder das Töten von 11 Touristen in einem weiteren Attentat vor drei Wochen in Istanbul.

Viel eher als das puritanische wahhabistische Modell präferiert die AKP die Ästhetik einer neuen osmanischen Ära, ein Versuch, die glorreichsten Tage dieses Reiches wieder aufleben zu lassen, um es mit ihrer eigenen Sorte des politischen Islams zu verbinden. Auf den Punkt gebracht wäre der Slogan "Making Turkey Great Again" (in Anlehnung an Donald Trumps Wahlmotto, d.R.) nicht allzu weit von der Wahrheit entfernt. Sie versuchen, die Stärke der türkischen Nation zu unterstreichen, die öffentliche Rolle des Islams und die Bedeutung einer starken Führung - und das ist die Stelle, an der Präsident Erdogan passt.

Angesichts seines Anlaufs für die fast-absolute Macht und der Bau eines Palastes, der etwa drei Mal so groß ist wie Versailles inklusive eines Bunkers, der einen direkten Zugriff auf alle CCTV Kameras der Polizei erlaubt, leidet Erdogan sichtlich an einer Form von Megalomanie. Er ist neurotisch, wenn es um Gefahren für seine Regierung geht und zunehmend paranoid hinsichtlich Disloyalitäten innerhalb der Partei. Er begann normale politische Aktivisten durch Berater zu ersetzen, die - zumindest ihren öffentlichen Äußerungen nach zu urteilen - die meiste Zeit über Verschwörungen nachdenken, die dunkle internationale Financiers oder Telepathie beinhalten. Vielleicht war ja Erdogans versehentlicher Vergleich mit dem Führer nur ein freudscher Versprecher.


John Butler ist ein Pseudonym.


Im Original: Turkey is turning into a paranoid one-party state

1 Kommentar:

  1. Was ist schon 3 Milliarden für die Türkei aber 400 Milliarden für Griechenland das ist nicht okay von der EU.Und außerdem das ist nicht die Wahrheit was da oben steht, ich glaube wer hier kommentier ist Unmenschlich oder ?

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