Samstag, 28. Mai 2016
New York Times: Die Welt erntet nun, was die Saudis gesät haben
Von der Redaktion, 27. Mai 2016
Saudi Arabien hat die amerikanische Politik seit Jahren verärgert. Als angeblich elementare Verbündete wurden sie von amerikanischen Waffen und Hilfsleistungen vor ihren Feinden geschützt, hat das Königreich ungefragt Millionen ausgegeben, um den Wahhabismus zu verbreiten, die radikale Form des sunnitischen Islam, der die Entführer des Anschlags vom 11. September 2001 inspirierte, und der nun den Islamischen Staat befeuert.
Das neueste Kapitel in dieser langen, sorgenvollen Geschichte beinhaltet das kleine Kosovo. Mit einer Bevölkerung von gerade einmal 1,8 Millionen Menschen hat das Kosovo pro Kopf mehr seiner jungen Menschen als jedes andere Land in den Kampf verloren, der im Irak und in Syrien ausgetragen wird. Seit 2012 haben sich mindestens 314 Kosovaren den Islamischen Staat angeschlossen, darunter Selbstmordattentäter, 44 Frauen und 28 Kinder. Selbst Belgien, das sich nach den Anschlägen von Paris und Brüssel als feuchte Brutstätte des Extremismus präsentiert, bleibt bei den Rekrutierungen hinter dem Land zurück.
Wie kürzlich von Carlotta Gall in einem Artikel für die Times dargestellt, befindet sich das Kosovo vor allem wegen Saudia Arabien und anderer Staaten vom Persischen Golf in dieser Lage, die dort jahrelang Geld für ein Netzwerk von Imamen, Moscheen und Geheimlogen ausgaben. Und während es keine Beweise gibt, dass eine Gruppe direkt und explizit Geld gab, um Kosovaren nach Syrien zu locken, so haben führende Beamte im Kosovo Frau Gall erzählt, dass extremistische Kleriker und Gruppen stark in die Verbreitung des radikalen islamischen Denkens bei jungen und verletzlichen Personen investiert haben. "Das Problem ist, dass sie Denker unterstützt haben, die Gewalt und den Dschihad zur Verteidigung des Islam propagieren," sagte ihr Fatos Makolli, der Leiter der kosovarischen Antiterrorpolizei.
Die USA und die NATO haben seit 2008 stark in das Kosovo investiert, damit es von Serbien unabhängig wird und eine Demokratie aufbaut. Dass Saudi Arabien das Kosovo als Brutstätte für Extremisten missbrauchen würde, oder sie Saudi Einrichtungen oder Bürgern erlauben würden, dass sie es als Brutstätte missbrauchen könnten, ist eine brutale Erinnerung daran, wie widersprüchlich und heuchlerisch das Verhalten von Amerikas Partner am Persischen Golf ist und hilft dabei zu erklären, warum dessen Verhältnis mit den anderen Ländern zunehmend gespannt ist.
Das Kosovo, das vor Serbischer Unterdrückung gerettet wurde, nachdem die NATO 1999 monatelang bombardiert hat, war bekannt als tolerante Gesellschaft. Über Jahrhunderte folgte die muslimische Mehrheit der liberalen Hanafi Schule des Islam, die andere akzeptiert. Seit dem Krieg wird diese Tradition von saudi-ausgebildeten Imamen bedroht, deren Kosten von saudi-unterstützen Hilfsorganisationen bezahlt werden, und welche die Einführung der Scharia und die Pflicht zum gewaltsamen Dschihad und Takfirismus predigen, was das Töten von Moslems erlaubt, denen der Abfall vom Glauben vorgeworfen wird.
Die meisten Kosovaren haben solchen Missionierungen widerstanden und die Behörden im Kosovo sagen, die Unterstützung für die Vereinigten Staaten und den Westen bleiben stark. Doch Experten weisen auf eine Reihe von Gründen hin, weshalb das Land zur Brutstätte der radikalen Ideologie wurde: Ein großteil der jungen Menschen lebt in dörflicher Armut mit wenig Hoffnung auf Arbeit; die Korruptiuon fördert das Misstrauen in die Regierung; und laut eines Berichts von 2015 vom Zentrum für Sicherheitsstudien des Kosovo mangelt es dem Bildungssystem an der Erziehung zu kritischem Denken.
Es bleibt unklar, warum die kosovarische Regierung, wie auch die USA und die UN Behörden, die das Nachkriegskosovo betreut haben nicht früher reagiert haben. Die Amerikaner mögen sich geirrt haben, dass die moderate religiöse Gemeinde im Kosovo das Aufkommen von Extremismus verhindert könne.
Die 9/11 Anschläge haben die Gefahren schnell offengelegt. Mehrere Saudi Organisationen im Kosovo wurden geschlossen und die Saudi Regierung, die offenbar ihre Hilfen an das Kosovo verringerte besteht nun darauf, dass sie strikte Kontrollen bei den Hilfsorganisationen eingeführt haben, den Moscheen und den religiösen Lehren. Anders ist es in Kuwait, Katar und den Vereinigten Arabischen Emiraten, wo die Förderung von islamischen Hardlinern im Kosovo stieg.
Die sunnitischen Araberstaaten scheinen noch immer nicht das Ausmaß zu verstehen, zu dem die extremen Auslegungen des Islam auch für sie eine Gefahr darstellen. Obwohl die saudische Königsfamilie sich bei ihrer politischen Legitimation auf wahhabische Kleriker verlässt, wirft der Islamische Staat der Monarchie vor, dass sie den Glauben nur missbrauchen, um an der Macht zu bleiben. Seit 2014 gab es im Königreich 20 Terroranschläge, viele davon kamen vom IS.
Die kosovarische Regierung, die mit den USA zusammenarbeitet hat reagiert, und will den Extremismus mithilfe neuer Antiterrorgesetze bekämpfen und die Geldwäsche, welche die radikalen Gruppen begleitet beenden und die Polizeiermittlungen intensivieren.
Der Strom an Kosovaren, die ausreisen, um mit dem Islamischen Staat zu kämpfen ging offenbar auf Null zurück in den letzten sieben Monaten, während die Zahl der Kosovaren auf dem Schlachtfeld auf 140 zurückging.
Und doch predigen weiterhin mindestens zwei radikale Imame in der Hauptstadt Pristina und ziehen Scharen von jungen Männern an. Noch bleibt viel Arbeit, um die Unabhängigkeit und den Geist der Toleranz zu schützen, an dem die Kosovaren bislang so hart gearbeitet haben.
Im Original: The World Reaps What the Saudis Sow
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